Wirtschaftsrecht
2 Öffentliches und privates Recht
a Materielles und formelles Recht
b Zwingendes und dispositives Recht
b Organschaftliche Stellvertretung
c Rechtsgeschäftliche Stellvertretung
5 Missbrauch der Vertretungsmacht
ca Derivativer und originärer Eigentumserwerb
cb Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten
cc Eigentumserwerb durch Zuwachs
cd Eigentumserwerb durch Fund oder Schatzfund
ce Sonstige Eigentumserwerbsarten
ba Einseitige und mehrseitige Rechtsgeschäfte
bb Einseitig und mehrseitig verpflichtende
Rechtsgeschäfte
bc Privat- und Verbrauchergeschäfte sowie
Unternehmensbezogene Geschäfte
bd Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte
be Kausale und abstrakte Rechtsgeschäfte
bf Ziel- und Dauerschuldverhältnisse
d Annahme unter Allgemeinen Geschäftsbedingungen
e Besonderheiten beim Vertragsabschluss im Fernabsatz
und auf elektronischem Weg
fd Überrumpelung (Haustürgeschäft)
fe Verkürzung über die Hälfte (Iaesio enormis)
gb Gesetz- und Sittenwidrigkeit
gc Ursprüngliche Unmöglichkeit
aa Vom Schuldner zu vertretende Unmöglichkeit der
ab Vom Gläubiger zu vertretende Unmöglichkeit der
Leistungserbringung
ac Weder vom Schuldner noch vom Gläubiger zu
vertretende Unmöglichkeit der Leistungserbringung
df Mangel- und Mangelfolgeschaden
Gesellschaft nach bürgerlichen Recht (GesbR)
OHG = Offene Handelsgesellschaft
GmbH = Gesellschaft mit beschränkter Haftung
1. Gesetzliche Schuldenverhältnisse
2.4. Kausalität("Ursachen") von
Folie
3. Haftung im Schadensersatzrecht
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Jeder Mensch (bzw jedes "Rechtssubjekt"; s dazu Rz 40 ff) sieht sich einer Fülle von Normen bzw Verhaltensanordnungen ausgesetzt, die zu beachten sind. Die Summe jener Normen, welche das Zusammenleben der Menschen regeln und mit staatlicher Zwangsgewalt durchsetzbar sind, wird als Rechtsordnung bezeichnet.
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Neben den generell zwingenden Verhaltensanordnungen der Rechtsordnung sind weitere - mitunter nicht schriftlich dokumentierte - Regelungen, wie die Sitten-, Moral- und auch Religionsordnung, wirksam. Diese durch die Evolution (mit)geprägten und mit der Geschichte der Menschheit eng verbundenen Ordnungen haben bisweilen wesentlichen Einfluss auf das menschliche Verhalten. Sie entfalten jedoch regelmäßig keinen staatlichen Zwangscharakter. Gelegentlich können aber auch derartige .außerrechtliche Zugänge" rechtliche Bedeutung erlangen. So gilt etwa kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung, dass den "Gewohnheiten und Gebräuchen" im Geschäftsverkehr (Gebräuche im Geschäftsverkehr bzw Handelsbrauch, Handelssitte) Rechtsverbindlichkeit zukommt (s etwa §§ 346 und 393 f UGB sowie Rz 573).
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Damit die Rechtsunterworfenen ihre rechtliche Position erkennen und einschätzen können, ist es erforderlich, dass ihnen die entsprechenden Rechtsquellen zugänglich sind. Dabei versteht man unter Rechtsquellen jene Phänomene, aus denen das Recht erwächst bzw erkennbar wird.
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Im Einzelnen kann zwischen Entstehungsquellen des Rechts als den staatlichen Rechtsschöpfungsakten (wie zB Gesetz, Verordnung, Gerichtsurteil, Bescheid) bzw den durch die staatliche Autorität anerkannten Rechtsschöpfungsakten (wie zB Vertrag) einerseits und den Erkenntnisquellen des Rechts, durch welche der Inhalt des Rechts in Erfahrung gebracht werden kann (zB Bundesgesetzblatt, Landesgesetzblatt, Amtsblatt der EU, schriftliches Gerichtsurteil, Vertragsurkunde) andererseits unterschieden werden.
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Des Weiteren ist zwischen generellen und individuellen Rechts- quellen zu unterscheiden. Während sich generelle Rechtsquellen (zB Gesetz, Verordnung) idR an die Allgemeinheit oder zumindest an einen unbestimmten Adressatenkreis richten, sind die Adressaten von individuellen Rechtsquellen (zB Bescheid, Gerichtsurteil) idR einzelne, konkret benannte Personen.
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In Österreich und auch den anderen europäischen Staaten entsteht der weitaus größte Teil der Rechtsordnung durch Rechtssetzungsakte des Gesetzgebers (gesatztes Recht, positives Recht). Das Verfahren, mit dem auf Bundesebene durch das Parlament und auf Landesebene durch die Landtage Gesetze geschaffen werden, ist in den Verfassungen des Bundes und der Länder geregelt. Grundsätzlich entfaltet das gesatzte Recht seine Wirkung am Tag nach der Veröffentlichung im jeweiligen Kundmachungsorgan (zB Bundesgesetzblatt); es bleibt so lange in Kraft, bis es aufgehoben oder abgeändert wird. Von Bedeutung ist, dass sich "niemand damit entschuldigen kann", ein kundgemachtes Gesetz nicht gekannt zu haben (§ 2 ABGB).
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Eine weitere Entstehungsquelle des Rechts, der jedoch im Verhältnis zum gesatzten Recht geringere Bedeutung beizumessen ist, ist das Gewohnheitsrecht. Grundvoraussetzung für die Entstehung von Gewohnheitsrecht ist eine langdauernde, allgemeine und gleichmäßige Anwendung bestimmter Regeln. Die Anwendung der Regeln muss darüber hinaus in der Überzeugung erfolgen, dass die- se rechtens bzw rechtmäßig ist; vor allem durch dieses Voraussetzungselement unterscheidet sich das Gewohnheitsrecht von Bräuchen. Zwar besteht nach wie vor keine völlige Übereinstimmung dar- über, ob durch die österreichische Rechtsordnung Gewohnheitsrecht anerkannt ist, doch wird dies überwiegend bejaht.
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Obwohl das österreichische Rechtssystem ein so genanntes Richterrecht nicht als Rechtsquelle ausweist (vgl § 12 ABGB), kommt vor allem den höchstgerichtlichen Entscheidungen faktisch große Bedeutung bei der Rechtsfortbildung zu.
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Die Rechtsordnung besteht aus einer Fülle von Rechtsnormen. Dabei handelt es sich um "Sollensanordnungen", welche regelmäßig einerseits eine typische Verhaltensweise bzw Situation abstrakt be- schreiben (Tatbestand) und andererseits eine entsprechende rechtliche Konsequenz damit verbinden (Rechtsfolge).
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Gebote und Verbote in der Ausformung von Rechtsnormen regeln das gesellschaftliche Zusammenleben aller Rechtssubjekte. Die mit- unter als Einschränkung empfundenen Normen sind wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaftsordnung in der uns bekannten Form. Ohne ausgeprägte Rechtssicherheit ist eine soziale, wirtschaftliche und politische Entwicklung nur eingeschränkt möglich. Dies mag als wesentliche Begründung dafür gelten, dass die Rechtssubjekte idR nach rechtlicher Absicherung streben. Zusätzlich kommt den Rechtsnormen ein ausgeprägter Präventivcharakter zu, weil durch deren Geltung (massive) gesellschaftliche Konflikte bereits im Vorhinein eingedämmt werden. Durch die im Regelfall mit einem Sanktionsmechanismus bei Zuwiderhandeln ausgestalteten Normen sollen die Rechtssubjekte nämlich auch zur "freiwilligen" Einhaltung von Verpflichtungen motiviert werden.
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Das (nationale) österreichische Rechtssystem ist durch eine nahezu unüberschaubare Vielzahl unterschiedlicher Rechtsnormen geprägt. Die einzelnen Normen stehen jedoch nicht in einem völlig beziehungslosen System zueinander; vielmehr sind sie - im Grundsätzlichen - durch den "Stufenbau der Rechtsordnung" aufeinander abgestimmt. Beim Stufenbau der Rechtsordnung handelt es sich um ein theoretisches Modell, welches in seinen Grundsätzen von den beiden österreichischen Juristen Hans Kelsen und Adolf Julius Merkl entwickelt wurde. Diese beiden Rechtsgelehrten ordneten die Rechtsordnung in ein hierarchisch gegliedertes System von über- und untergeordneten Normen (Baugesetze, Verfassungsgesetze, einfache Gesetze, Verordnungen, Bescheide/Gerichtsurteile/Verträge). Von Bedeutung ist dabei ua, dass das höherrangige Recht dadurch gekennzeichnet ist, dass es die Bedingungen für die Erzeugung des im Stufenbau nachrangigen Rechts enthält (zB: im B-VG sind die Regelun- gen zur Erzeugung von "einfachen" Gesetzen enthalten).
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Die obersten Prinzipien~ auf denen unsere gesamte Rechtsordnung aufgebaut ist, werden als Baugesetze (Grundprinzipien) bezeichnet. Das sind die leitenden Grundsätze des Verfassungsrechts, deren Änderung bzw Beseitigung eine Gesamtänderung der Bundesverfassung bewirken würde. Gem Art 44 Abs 3 B-VG ist jede Gesamtänderung der Bundesverfassung einer Abstimmung des gesamten Bundesvolkes zu unterziehen (obligatorische Volksabstimmung). Als Baugesetze der Bundesverfassung gelten das demokratische (Art 1 B-VG), das republikanische (Art 1 B-VG), das bundesstaatliche (Art 2 B-VG), das rechtsstaatliche (Art 18 Abs 1 und 2 B-VG) und das gewaltentrennende Prinzip (Art 94 B-VG).
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Seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union mit Wirksamkeit vom 1.1.1995 ist zwar die Rechtssetzungshoheit der österreichischen Parlamente (auf Bundesebene: Nationalrat im Zusammenwirken mit dem Bundesrat; auf Landesebene: Landtage) eingeschränkt worden, da namentlich die europäischen Normen des EU-Primärrechts (ds die Gründungsverträge, wie etwa EGKSV [außer Kraft], EGV, EAGV, Vertrag von Maastricht, Vertrag von Amsterdam sowie die Beitrittsverträge) und des EU-Sekundärrechts (ds Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen) "ohne Rücksicht" auf die Geltung des Stufenbaus der Rechtsordnung im innerstaatlichen Recht vorrangige Wirksamkeit entfalten (Vorrang des Gemeinschaftsrechts). Dennoch wird davon auszugehen sein, dass Normen aus dem EU-Bereich nicht mit den Baugesetzen der österreichischen Verfassung in Widerspruch stehen bzw diese nicht "brechen" dürfen.
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Vor allem aus Gründen einer besseren systematischen Erfassung wird in Österreich seit langem zwischen dem öffentlichen Recht, das durch ein Unterordnungsverhältnis des Einzelnen gegenüber dem Staat charakterisiert ist, und dem Privatrecht (s dazu Rz 33 ff), bei dem eine (formale) Gleichrangigkeit zwischen den Beteiligten herrscht, unterschieden. Im Einzelfall ist die genaue Trennung zwischen Rechts- normen des öffentlichen Rechts und solchen des privaten Rechts nicht immer ohne Weiteres möglich. Es herrscht diesbezüglich weit- gehende Einigkeit darüber, dass immer dann, wenn ein Träger der hoheitlichen Gewalt (zB Bund, Land, Gemeinde) in Ausübung dieser Gewalt tätig wird (zB Enteignung eines Grundstücks), das öffentliche Recht zur Anwendung gelangt; wenn hingegen ein Privater oder ein mit hoheitlicher Gewalt ausgestatteter Rechtsträger wie eine private Person handelt (zB eine Gemeinde kauft ein Grundstück), dann kommen auch die Normen des Privatrechts zur Anwendung.
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Diese Unterscheidung ist insbes deshalb von grundlegender Bedeutung, da abhängig von der Frage, ob in öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Form gehandelt wird, auch die entsprechenden Zuständigkeiten für die Rechtsdurchsetzung gegeben sind: Während für die Durchsetzung öffentlichrechtlicher Ansprüche primär die (weisungsgebundenen) Verwaltungsbehörden zuständig sind, entscheiden in Privatrechtsstreitigkeiten generell die (weisungsfrei gestellten) Gerichte (§ 1 JN). Im Übrigen gilt in jenen Fällen, in denen es "in (hoheitlicher) Vollziehung der Gesetze" zu Schädigungen durch die Organe öffentlicher Rechtsträger kommt, das eigens dafür geschaffene Amtshaftungsgesetz (AHG).
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Unter dem Begriff des objektiven Rechts versteht man die Gesamtheit der geltenden Rechtsnormen. Im Einzelnen kann zwischen folgenden Kategorien unterschieden werden:
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Das materielle Recht lässt sich als die Summe all jener Rechtsnormen, die durch ihren Inhalt das menschliche Zusammenleben ordnen, beschreiben. Zum materiellen Recht zählen ua das ABGB, das UGB, die Normen des Arbeitsrechts und des Strafrechts etc. All diese Gesetze befassen sich mit Umständen und Voraussetzungen der für Rechtssubjekte anwendbaren Rechte und Pflichten.
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Für die Durchsetzung materieller Rechtsnormen sind Verfahren zur Rechtsdurchsetzung notwendig. Jene Rechtsnormen, die das Verfahren der Abwicklung des materiellen Rechtsverkehrs vor staatlichen Einrichtungen (Behörden, Gerichte etc) regeln, werden als formelles Recht bezeichnet. Formelle Rechtsquellen sind ua die Strafprozessordnung (StPO), die Zivilprozessordnung (ZPO), das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) oder etwa auch die Exekutionsordnung (EO).
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Soweit bestimmte Rechtsnormen durch autonome Rechtsgestaltung nicht geändert bzw abbedungen werden können, wird von zwingendem Recht gesprochen. Wird dennoch Abweichendes vereinbart, hat dies regelmäßig die teilweise oder gänzliche Nichtigkeit (s dazu Rz 259 ff) des Vereinbarten zur Folge. Dabei kann zwischen absolut und relativ zwingendem Recht unterschieden werden.
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Das zweiseitig absolut zwingende Recht ermöglicht keine Abweichung von der zwingenden Rechtsnorm; auch die Vereinbarung einer günstigeren Regelung ist daher nicht zulässig. Absolut zwingendes Recht schützt zumeist übergeordnete gesellschaftliche Allgemeininteressen (Ordnungsprinzipien); es findet sich häufiger im öffentlichen und nur vereinzelt auch im privaten Recht.
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Bei den relativ zwingenden Rechten handelt es sich hingegen um einseitig zwingende Rechtsnormen, die einen Freiraum für günstigere Regelungen gewähren. Rechte dieser Ausprägung sind beispielsweise im Arbeitsrecht in der Form von Mindestansprüchen des Arbeitnehmers verankert. So hat ein Arbeitnehmer, der unter den Anwendungsbereich des UriG fällt, einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 30 (bzw nach 25 Dienstjahren: 36) Werktagen pro Jahr (§ 2 Abs 1 UriG). Der Dienstgeber .kann 'aber zusätzliche Urlaubstage, die über das gesetzliche Ausmaß hinausgehen, gewähren.
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Rechtsnormen, die sowohl eine günstigere als auch ungünstigere abweichende autonome Rechtsgestaltungsbefugnis vorsehen, werden als dispositives (nachgiebiges) Recht bezeichnet. Die Rechtssubjekte können sich von den durch den Gesetzgeber vorgezeichneten dispositiven Rechtsnormen so weit entfernen, als es durch die Art des rechtswirksam zu vereinbarenden Geschäfts sinnvoll erscheint und nicht die Grenzen der Gesetz- .und Sittenwidrigkeit gem § 8 Abs 1 ABGB (s dazu Rz 262 ff) überschritten werden.
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Das subjektive Recht ist die durch die Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit verliehene Befugnis, mit der das Rechtssubjekt eigene Interessen verfolgen kann. Die Durchsetzung der Rechte hat aus eigenem Antrieb des Rechtssubjektes zu erfolgen. Eine hoheitliche Automatik der Rechtsverfolgung, wie etwa in weiten Bereichen des Straf- rechtes, ist den subjektiven Rechtsmaterien weitgehend unbekannt. Dennoch hat sich der Einzelne zur Durchsetzung seiner Rechte der staatlichen Zwangsgewalt bzw deren Organe (wie zB Gerichte und Verwaltungsbehörden) zu bedienen.
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Von Bedeutung ist, dass die absoluten Rechte gegenüber jedermann durchgesetzt werden können. Jeder, der ein absolutes Recht beeinträchtigt, kann vom Berechtigten zur Einhaltung dieser Rechte rechtlich gezwungen werden. Absolute Rechte sind insbes:
Herrschaftsrechte, die idR eine unmittelbare Einwirkung auf bestimmte (Rechts-)Objekte erlauben, wie etwa das "dingliche" Sachenrecht (§§ 285 ff ABGB; dazu Rz 91 ff) und das Recht an "geistigem Eigentum" (Immaterialgüterrecht; dazu Rz 942 und 1033 ff),
Persönlichkeitsrechte, die höchstpersönlich wirken und nicht übertragen werden können, wie etwa das Recht auf Leben und auf körperliche Integrität, der Schutz der Ehre, der Schutz des Hausrechts, der Schutz des Brief- und Fernmeldegeheimnisses,
Erbrechte (vgl §§ 531 ff ABGB),
bestimmte Familienrechte (vgl §§ 15 ff ABGB).
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Im Gegensatz zu den absoluten Rechten wirken die relativen Rechte grundsätzlich nur gegen ein bestimmtes Rechtssubjekt. Häufig sind dies Forderungsrechte bzw Ansprüche aus Schuldverhältnissen. So kann etwa ein Arbeitnehmer für seine geleistete Arbeit ein Entgelt beim Arbeitgeber (nicht aber zB bei dessen Mutter) einfordern oder kann beispielsweise der Vermieter einer Wohnung das vereinbarte Mietentgelt vom Mieter (nicht aber zB bei dessen Enkelkindern) gerichtlich einklagen.
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Die Wurzeln des ABGB reichen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück. Die damalige Zeit war geprägt durch eine Vielzahl unterschiedlicher Kodifikationen und Landrechte, mit deren Zusammenfassung im Jahr 1753 begonnen wurde. Das Ergebnis war der Codex Theresianus aus dem Jahr 1766, der ein umfangreiches, aber leider auch unübersichtliches Gesetzeswerk darstellte, weshalb rasch der Ruf nach entsprechenden Kürzungen und Vereinfachungen laut wurde. Einer der führenden Rechtsgelehrten der damaligen österreichisch-ungarischen Monarchie nahm sich der umfangreichen Materie an; der nach ihm benannte "Entwurf Horten" wurde schließlich als Josephinisches Gesetzbuch im Jahr 1786 kundgemacht.
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Die Leistung Hortens, die komplexe Rechtsmaterie in eine logisch anwendbare Form zu gießen, ist unübersehbar; dennoch war das Josephinische Gesetzbuch in Bezug auf die praktische Anwendbarkeit noch unausgereift und dadurch überarbeitungsbedürftig. 1797 trat das reformierte Josephinische Gesetzbuch in dem Entwurf von Martini in Westgalizien und kurze Zeit später als Westgalizisches Gesetzbuch in Ostgalizien in Kraft. Die Bearbeitung dieses Gesetzbuches wurde durch eine Kommission fortgesetzt, deren Kommissionsreferent Zeiller war, der einen wesentlichen Beitrag an der Endredaktion leistete.
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Das Ergebnis der Kommission wurde schließlich durch Kaiserliches Patent vom 1.6.1811 als Allgemeines Bürgerliches Gesetz- buch (ABGB) kundgemacht, das mit 1.1.1812 in Kraft trat.
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Mit der Kundmachung des ABGB im Jahr 1811 ist jedoch kein Stillstand in der Entwicklung des Privatrechtes eingetreten; vielmehr erfolgte eine Vielzahl von Novellen und es wurde eine Reihe selbständiger Nebengesetze geschaffen. Obwohl das ABGB seit seiner Kundmachung eine erhebliche Anzahl von Änderungen erfahren hat, trägt es dennoch in weiten Bereichen noch immer die Handschrift der Legisten des frühen 19. Jahrhunderts. In der jüngeren Vergangenheit wurde das ABGB ua durch das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz (BGBI I 2000/135) sowie durch das Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz (BGBI I 2001/48), durch welches die EU-Richtlinie 1999/ 44 umgesetzt wurde, novelliert. Des Weiteren wurde zuletzt etwa das Im Sachenrecht beheimatete Nachbarrecht durch die Novelle BGBI I 2003/91 überarbeitet. Seit dem Beitritt Österreichs zur EU findet zu- dem ein kontinuierlich verlaufender Prozess der Vereinheitlichung des Zivilrechts und der damit in engem Zusammenhang stehenden Normen statt.
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Aus dem ABGB hat sich eine Reihe von Sonderprivatrechten entwickelt, die für die rechtliche Organisation des Wirtschaftslebens von wesentlicher Bedeutung sind. Dabei handelt es sich insbes um
das Handels- bzw Unternehmensrecht als Sonder(privat)recht der Kaufleute bzw Unternehmer (s dazu Rz 525 ff),
das Arbeitsrecht als Sonderprivatrecht der Arbeitnehmer sowie
das Verbraucherrecht als Sonderprivatrecht der Verbraucher (s dazu Rz 209 f).
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Diese Sonderprivatrechte bilden im Verhältnis zum ABGB als dem generellen Recht (lex generalis) die entsprechenden "Sonderrechte" (lex specialis). Dabei ist von Bedeutung, dass spezielle Normen die generellen Normen verdrängen bzw derogieren (lex specialis derogat legi generali). Trotz der Ausformung diverser Sonderprivatrechte gilt das ABGB nach wie vor als eine der tragenden Säulen unseres Rechtssystems. Sofern nämlich die Spezial normen keine präzisen Regelungen vorsehen, wird auf die Generalnorm des ABGB zurückgegriffen, in der regelmäßig ein rechtlicher Rahmen für ein Tun oder Unterlassen festgelegt ist.
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Beim Internationalen Privatrecht handelt es sich weder um Privatrecht noch um internationales Recht, sondern vielmehr um ein nationales Verweisungsrecht. Dieses ist für jene Fälle von Bedeutung, in denen es bezüglich privatrechtlicher Angelegenheiten- zu Auslandsberührungen kommt (zB ein österreichischer Autohändler verkauft ein mangelhaftes Kraftfahrzeug nach Deutschland). In Österreich gilt auf diesem Gebiet neben dem Gesetz über das internationale Privatrecht (IPRG) seit Ende 1998 auch das Europäische Schuldvertragsübereinkommen (EVÜ). Daneben besteht eine Reihe von bilateralen (zwischenstaatlichen) Vereinbarungen, die dem IPRG in ihrer Rangordnung (ebenso wie das EVÜ) vorgehen.
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Rechtssubjekte sind Träger von Rechten und Pflichten. Sie können über Sachen (Rechtsobjekte; vgl Rz 91 ff) verfügen. Bezüglich der Rechtssubjekte wird zwischen natürlichen und juristischen Personen unterschieden.
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Gem § 16 ABGB hat jeder Mensch "angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte und ist daher als eine Person zu betrachten". Demnach kommt jedem Menschen die Rechtsfähigkeit zu, dh er kann Träger von Rechten und Pflichten sein. Grundsätzlich beginnt die Rechtsfähigkeit mit der vollendeten Geburt und endet mit dem Tod des Menschen. In bestimmten Fällen kann aber auch dem Ungeborenen Rechtsfähigkeit zukommen (§ 22 ABGB).
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Von der Rechtsfähigkeit ist die Handlungsfähigkeit zu unterscheiden. Diese vermittelt die Fähigkeit, sich einerseits durch eigenes rechtsgeschäftliches Handeln zu berechtigen oder zu verpflichten (Geschäftsfähigkeit), und andererseits durch eigenes Verhalten schadenersatzpflichtig zu werden (Deliktsfähigkeit).
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Trotz der in § 16 ABGB gesetzlich verankerten Rechtsfähigkeit natürlicher Personen können diese nicht von Geburt an ihre Interessen hinreichend wahrnehmen. Es ist nahe liegend, dass beispielsweise ein zweijähriges Kind nicht selbst rechtsgeschäftliche Handlungen vornehmen kann. Der Gesetzgeber hat auf die langsam heranreifende Geschäftsfähigkeit natürlicher Personen Rücksicht genommen und sie daher nach Altersstufen unterschiedlich ausgestaltet.
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Unmündige Minderjährige im Alter bis 7 Jahre ("Kinder") können gem § 151 Abs 1 ABGB ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten. Personen in dieser Altersstufe sind demnach vollkommen geschäftsunfähig. Dennoch sieht der Gesetzgeber eine Ausnahme vor: Die von Minderjährigen dieses Alters üblicherweise geschlossenen Rechtsgeschäfte über geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens (zB Kauf einer Tafel Schokolade) können wirksam abgeschlossen werden, sofern die das Kind treffenden Verpflichtungen sofort erfüllt werden (§ 151 Abs 3 ABGB). Als zulässig wird auch angesehen, wenn in dieser Altersgruppe Geschenke von geringem Wert selbständig angenommen werden.
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Unmündige Minderjährige im Alter von 7 bis 14 Jahren können für sie vorteilhafte Versprechen, zB in Form eines Schenkungsvertrages, rechtswirksam abschließen. Sonstige verpflichtende Geschäfte des unmündigen Minderjährigen sind schwebend unwirksam. Ein solcherart mit einem unmündigen Minderjährigen abgeschlossenes Rechtsgeschäft ist nichtig, sofern nicht gem § 865 ABGB innerhalb angemessener Frist der gesetzliche Vertreter (das ist idR ein Eltern- teil) diesem Geschäft zustimmt. Bis zu dieser Zustimmung ist der Geschäftspartner des unmündigen Minderjährigen an seine Erklärung gebunden.
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Mündigen Minderjährigen im Alter von 14 bis 18 Jahren kommen Ile Rechte, die auch den unmündigen Minderjährigen eingeräumt sind, zu.
Überdies können mündige Minderjährige bestimmte Dienstverträge (nicht: Lehr- oder Ausbildungsverträge ) abschließen und über ihr Einkommen aus eigenem Erwerb sowie über Sachen, die ihnen über- lassen wurden, frei verfügen, sofern dadurch keine Gefährdung in der Befriedigung ihrer Lebensbedürfnisse eintritt (vgl § 151 Abs 2 und § 152 ABGB). In § 146c ABGB ist geregelt, dass Einwilligungen in medizinische Behandlungen .einsichts- und urteilsfähige Kinder" nur selbst erteilen können; bei mündigen Minderjährigen wird das Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit vermutet.
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Volljährige - das sind Personen ab dem 18. Lebensjahr (§ 21 Abs 2 ABGB) - sind gewöhnlich voll geschäftsfähig, dh sie können alle zulässigen Rechtsgeschäfte tätigen.
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Volljährigkeit bedeutet aber nicht unbedingt in jedem Fall auch volle Geschäftsfähigkeit. Personen, die "den Gebrauch der Vernunft nicht haben" (zB Geisteskranke, aber auch ein Betrunkener für die Dauer seiner Trunkenheit), sind - von der Möglichkeit zum Abschluss von kleinen Alltagsgeschäften abgesehen - grundsätzlich geschäfts- unfähig (§ 865 iVm § 151 Abs 3 ABGB). Einer an und für sich geschäftsunfähigen Person kommt im Rahmen eines "lichten Moments" (Iucidum intervallum) hingegen die Geschäftsfähigkeit zu, sofern kein Sachwalter bestellt ist. In den Fällen des Bestehens einer andauernden Geschäftsunfähigkeit kann durch gerichtlichen Beschluss ein Sachwalter bestellt werden (§§ 273 ff ABGB). Was den Umfang der Befugnisse des Sachwalters betrifft, so kann dieser - abhängig vom Grad der Behinderung und der zu besorgenden Angelegenheiten - mit der Besorgung aller rechtlichen Angelegenheiten oder mit der Besorgung bestimmter Arten von Rechtshandlungen (zB mit der Verwaltung eines Vermögensteils) oder auch nur mit der Besorgung einzelner rechtlicher Angelegenheiten (zB Abschluss eines Vertrages) betraut werden. Eine solcherart von einem Sachwalter obsorgte natürliche Person ist in Fragen der Geschäftsfähigkeit weitgehend einem unmündigem Minderjährigen gleichgestellt (vgl § 273a ABGB). Allerdings lässt § 273a ABGB zu, dass - abhängig vom Grad der Behinderung - das Gericht der besachwalterten Person hinsichtlich bestimmter Sachen oder ihres Einkommens oder eines Teiles davon die Verfügungsgewalt belässt. Für eine Person kann immer nur ein Sachwalter bestellt werden. Wenn der Grund für die Sachwalterbestellung weggefallen ist, hat das Gericht die Bestellung aufzuheben.
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Sofern eine Person psychisch krank ist und für sich oder die Umwelt eine ernstliche und erhebliche Bedrohung darstellt, kann gem den Bestimmungen des Unterbringungsgesetzes (BGBI 1990/155 idgF) eine Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt erfolgen, sofern die Gefährdungslage nicht durch andere Maßnahmen (zB ambulante Behandlung) abgewendet werden kann. Die zwangs- weise Unterbringung ist nur auf der Basis zweier von einander unab- hängiger ärztlicher Zeugnisse möglich (§ 10 UbG). Für jede untergebrachte Person ist vom zuständigen Gericht ein Patientenanwalt zu bestellen (§ 13 Abs 1 UbG).
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Gem § 153 ABGB sind natürliche Personen mit dem vollendeten 14. Lebensjahr als mündige Minderjährige deliktsfähig. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass mit Erreichen dieser Altersstufe ein Jugendlicher sehr genau zwischen Recht und Unrecht im Rahmen der gesetzlichen Schranken unterscheiden kann. Im Fall des Bestehens einer dauernden oder vorüber gehenden Sinnesverwirrung ist keine Deliktsfähigkeit gegeben. Wer sich allerdings schuldhaft in einen Zustand versetzt, der die Deliktsfähigkeit ausschließt, ist sehr wohl haftbar (§ 1307 ABGB).
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Für Kinder und unmündige Minderjährige haften grundsätzlich die Aufsichtspersonen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn sie ihre Aufsichtspflichten schuldhaft vernachlässigt haben (§ 1309 ABGB). Verursachen unmündige Minderjährige einen Schaden und fehlen die Haftungsvoraussetzungen der Aufsichtspersonen gem § 1309 ABGB, kann uU auch ein Jugendlicher in der Altersstufe zwischen 7 und 14 Jahren ersatzpflichtig werden ("Billigkeitshaftung"; § 1310 ABGB). Die Ersatzpflicht richtet sich in derartigen Fällen nach dem altersabhängigen Bewusstsein des unmündigen Minderjährigen über die Unrechtmäßigkeit der Tat sowie nach seiner Vermögenslage (zB der Minder- jährige ist ein reicher Erbe; es besteht eine entsprechende Haftpflichtversicherung). Die Beurteilung, ob dem minderjährigen Schädiger die Unrechtmäßigkeit seiner Handlung bewusst sein musste, so- wie die Höhe einer Ersatzleistung liegen im Ermessen des Richters.
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Im Gegensatz zu den natürlichen Personen sind juristische Personen keine physischen, sondern "virtuelle" Subjekte, denen die Rechtsordnung entsprechende Rechtspersönlichkeit zuerkennt. Das ABGB verwendet den Begriff der juristischen Person nicht, sondern spricht von einer "moralischen Person", einer "erlaubten Gesellschaft" oder von "Gemeinden" (vgl § 26 ABGB).
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Ganz allgemein kann in Hinblick auf das Wesen der juristischen Person festgehalten werden, dass es sich dabei um ein Gebilde handelt, dem von der Rechtsordnung die Eigenschaft zuerkannt wird, Träger von Rechten und Pflichten sein zu können. Dabei sind die Rechte und Pflichten, welche der juristischen Person zukommen, streng von jenen Rechten und Pflichten zu trennen, welche von jenen physischen Personen getragen werden, aus denen sich die juristische Person zusammensetzt. Weiters ist für das Wesen der juristischen Person charakteristisch, dass ihr Bestand und ihre Tätigkeit von ihren Mitgliedern unabhängig sind und das Vermögen der juristischen Person grundsätzlich in ihrem Volleigentum steht.
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Als juristische Personen der österreichischen Rechtsordnung sind zunächst die Personenverbände anzuführen, die durch Zusammenschluss von natürlichen oder juristischen Personen entstehen und eine entsprechende Organisation aufweisen, wobei die Interessen von Verband und Mitgliedern idR voneinander abgrenzbar sind. Dazu zählen etwa die Körperschaften des öffentlichen Rechts (zB Bund, Länder, Gemeinden, Kammern, Sozialversicherungsträger), Parteien, Vereine. Genossenschaften und Kapitalgesellschaften (zB GmbH, AG). Im Unterschied dazu verfügen die Vermögensgesamtheiten über keine Mitglieder; es handelt sich dabei idR um entsprechende Vermögen, die mit einem bestimmten Widmungszweck versehen sind, der regelmäßig Destinatäre (Begünstigte) aufweist (zB Stiftungen, Fonds und Anstalten).
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Weiters ist zwischen den juristischen Personen des privaten Rechts und den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu trennen. Als wesentliches Unterscheidungselement kann zunächst hervorgehoben werden, dass erstere auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhen, während bei letzteren in aller Regel eine Zwangsmitgliedschaft festzustellen ist. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können in Körperschaften (zB Bund), Anstalten (zB Krankenanstalt) und Fonds (zB Steiermärkischer Wissenschaftsfonds) eingeteilt wer- den; sie sind meist mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet und zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung berufen.
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Die Gründung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erfolgt idR durch einen staatlichen Gründungsakt (zB durch Gesetz) und wird in entsprechenden Publikationsorganen (zB im BGBI) ausdrücklich verlautbart.
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Eine juristische Person des privaten Rechts entsteht idR in einem zweistufigen Verfahren. Der erste Teil besteht in der Vornahme eines privatrechtlichen Gründungsaktes; bei Kapitalgesellschaften ist das der Abschluss des Gesellschaftsvertrages (Satzung). Der zweite Teil wird durch den öffentlich-rechtlichen Akt der Anerkennung gebildet, der etwa bei einer GmbH oder AG durch die Eintragung in das Firmenbuch dokumentiert wird oder beim Verein durch die behördliche .Nichtuntersaqunq" bzw durch die so genannte "Einladung zur Aufnahme der Vereistätigkeit" durch die Behörde (s dazu Rz 742).
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Juristische Personen sind "künstliche" Subjekte und können dementsprechend nicht unmittelbar selbst handeln; sie müssen sich dazu zwangsläufig natürlicher Personen bedienen, welche die notwendigen Vertretungshandlungen (organschaftliche Vertretung, Rz 70) aus- führen. In welcher Form und durch welche Organe die juristische Person vertreten wird, bestimmt im Regelfall der Gesellschaftsvertrag. Dieser ist teilweise zwingenden gesetzlichen Regelungen bezüglich der organschaftlichen Vertretung unterworfen.
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Juristische Personen können auch physisch keine Delikte begehen. Dennoch nimmt das ABGB juristische Personen von der Deliktsfähigkeit nicht aus, sondern es begründen vielmehr die Handlungen der statutarisch berufenen Organe auch eine entsprechende Haftung der juristischen Person. Überdies kann eine Haftung der juristischen Person auch durch Handlungen von leitenden Personen mit größerem eigenständigen Verantwortungsbereich (Machthaber; § 337 ABGB) sowie Im Wege der Gehilfenhaftung (§§ 1313a und 1315 ABGB. s dazu Rz 502 ff) begründet werden.
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Bezüglich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit gilt, dass grundsätzlich die zur Vertretung der juristischen Person nach außen Berufenen einzustehen haben, sofern nicht eigens so genannte "verantwortliche Beauftrage" bestellt worden sind (§ 9 VStG). Von Bedeutung ist, dass seit dem In-Kraft-Treten des neuen Verbandverantwortlichkeitsgesetzes (BGBI I 2005/151) juristische Personen für strafbare Handlungen ihrer Mitarbeiter bzw Entscheidungs- träger verantwortlich gemacht werden können. Selbstverständlich kann eine juristische Person nicht "ins Gefängnis gesteckt werden", doch können gem VbVG vom Strafgericht Geldbußen verhängt werden.
61
Die juristische Person kann sich bei unrechtmäßigen bzw unverhältnismäßigen Handlungen ihrer Organe bzw Machthaber grundsätzlich an diesen regressieren.
62
Dem allgemeinen Grundsatz der Privatautonomie und einem großen praktischen Bedürfnis entsprechend können sich Rechtssubjekte bei der Vornahme von Rechtshandlungen (zB dem Abschluss eines Rechtsgeschäftes) vertreten lassen. Ein eingesetzter Stellvertreter handelt in dieser (befugten) Stellvertretungsfunktion rechtswirksam für den Vertretenen, den er im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben bestmöglich zu vertreten hat.
63
Im Rahmen der aktiven Stellvertretung kann der Stellvertreter für den Vertretenen rechtsverbindlich eine Willenserklärung abgeben; ein solcherart "aktiver" Stellvertreter kann beispielsweise rechtsverbindlich ein Anbot für den Vertretenen abgeben. Die passive Stellvertretung bezieht sich hingegen bloß auf die Entgegennahme von Erklärungen; sie bewirkt, dass eine vom Stellvertreter entgegen genommene Erklärung eines Dritten (zB die Kündigung des Vermieters oder die Mängelanzeige des Käufers) als dem Vertretenen zugegangen gilt.
64
Voraussetzung für eine wirksame Stellvertretung ist zunächst das Vorliegen von Vertretungsmacht; der Vertreter muss also die Befugnis haben, den Vertretenen zu vertreten. Je nach der Grundlage dieser Befugnis unterscheidet man zwischen gesetzlicher, organschaftlicher und rechtsgeschäftlicher Stellvertretung (dazu Rz 68 ff).
65
Der Vertreter muss ferner dem Dritten gegenüber deutlich machen, dass er für den Vertretenen agiert. Für eine wirksame Stellvertretung genügt es daher nicht, dass bloß "auf Rechnung" des Vertretenen gehandelt wird; erforderlich ist vielmehr, auch "im Namen" des Vertretenen zu handeln (Offenlegungsgrundsatz).
66
Allerdings können nicht alle Rechtsgeschäfte durch einen Stellvertreter rechtsverbindlich abgeschlossen werden. Diese stellvertretungsfeindlichen Rechtsgeschäfte, wie die Eheschließung oder die letztwillige Verfügung (Testament), obliegen der höchstpersönlichen Eigendisposition des jeweiligen Rechtssubjektes.
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Vom Stellvertreter zu unterscheiden ist der Bote, der einem Dritten lediglich eine Willenserklärung eines anderen überbringt. Der Vermittler ist ebenfalls kein Vertreter eines anderen; seine Funktion besteht primär darin, potenzielle Vertragspartner zusammenzuführen, die dann gegebenenfalls selbst ein Rechtsgeschäft abschließen.
Auch der Treuhänder, der grundsätzlich im eigenen Namen im Inte- resse von Dritten handelt, ist nicht als Stellvertreter zu qualifizieren.
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Bestimmten Rechtssubjekten wird direkt durch gesetzliche Normen 68 die Vertretungsbefugnis eingeräumt. So sind die Eltern des minderjährigen ehelichen Kindes gleichzeitig auch dessen gesetzliche Vertreter (§ 144 ABGB). Wirksam ist hierbei grundsätzlich bereits die Vertretungshandlung eines Elternteiles (§ 154 Abs 1 ABGB; s aber auch § 154 Abs 2 und Abs 3 ABGB).
69
Sind die Eltern nicht mehr vorhanden oder wurde ihnen die Obsorge entzogen, so ist eine Obsorge durch andere Personen möglich, denen dann auch die Funktion als Stellvertreter der betroffenen Minderjährigen zukommt (vgl §§ 187 ff ABGB).
70
Wie bereits erwähnt, sind juristische Personen, aber auch Gesamthandschaften (s dazu Rz 142 und 617) als "künstliche Gebilde" an sich nicht handlungsfähig und müssen daher durch natürliche Personen vertreten werden. Diese organschaftliche Vertretung unterliegt den besonderen gesetzlichen Vorschriften des Gesellschaftsrechts (dazu insbes Rz 635 ff und 690).
71
Eine rechtsgeschäftliche Stellvertretung wird durch ein Rechtsgeschäft begründet. Wesentlich bei der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung Ist, dass der Stellvertreter vom Vertretenen durch eine entsprechende Vollmachtserteilung (s dazu Rz 73 ff) zur Vornahme der Vertretungshandlung berechtigt wird.
72
Bemerkenswert ist, dass der Stellvertreter den Vertretenen selbst dann bindet, wenn der Stellvertreter die Kriterien der vollen Geschäftsfähigkeit nicht erfüllt (§ 1018 ABGB); es ist davon auszugehen, dass der Stellvertreter aber zumindest beschränkt geschäftsfähig sein muss. Der Vollmachtgeber muss hingegen jedenfalls ausreichend geschäftsfähig sein.
73
Unter Vollmacht wird regelmäßig die dem Stellvertreter zustehende Rechtsmacht (zur Vertretung) verstanden; gelegentlich ist damit aber auch jene Urkunde gemeint, in welcher die Stellvertretungsbefugnis festgeschrieben ist (§ 1005 ABGB). Die Einräumung der Vollmacht selbst stellt sich als einseitiges Rechtsgeschäft dar. Auf Grund des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Vollmachtsgeber und Vollmachtsnehmer darf letzterer eine weitere Vollmacht bzw Untervollmacht grundsätzlich nur mit Zustimmung des Vollmachtsgebers
erteilen (§ 1010 ABGB).
74
Bei der Vollmachtserteilung sind grundsätzlich keine besonderen Formvorschriften zu beachten (§ 1005 ABGB); es genügt idR der bloße (mündliche) Hinweis auf das Bestehen einer Vollmacht. Ausnahmen von dieser Regel bestehen freilich auch hier (zB Erteilung einer Prozessvollmacht). Sofern eine Vollmacht nicht schriftlich erteilt wurde, ist ihr Umfang aus dem Gegenstand und der Natur des Geschäftes zu beurteilen (§ 1029 Abs 1 ABGB).
75
Nicht zu verwechseln ist eine Vollmacht mit einem Auftrag oder einer Ermächtigung. Ein Auftrag wirkt nur im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, weshalb der Auftragnehmer den Auftraggeber im Gegensatz zur Vollmacht nicht im Verhältnis zu einem Dritten unmittelbar berechtigen oder verpflichten kann. Gleiches wie für den Auftrag gilt auch für die Ermächtigung, wobei der Ermächtigte im Unterschied zum Beauftragten nicht zu einem Tätigwerden verpflichtet ist; er hat bloß die Möglichkeit dazu.
76
In welchem Umfang ein Vollmachtsgeber seinen Stellvertreter bevollmächtigen möchte, obliegt seinem eigenen Ermessen. Je nach Art des Geschäftes können unterschiedliche Arten einer Vollmacht erteilt werden (vgl §§ 1006 ff ABGB und §§ 48 ff UGB).
77
Verfolgt der Vollmachtsgeber das Interesse, sich nur in einem konkreten Rechtsgeschäft vertreten zu lassen (zB Kauf einer Wohnung), so kann er seinen Vertreter mit einer Einzelvollmacht ausstatten. Bestimmte Rechtsgeschäfte können in gewissen Fällen trotz einer weiterreichenden Vollmacht nicht ohne eine zusätzliche Einzelvollmacht abgeschlossen werden. So kann etwa ein Bevollmächtigter nur auf Grundlage einer Einzelvollmacht einen Gesellschaftsvertrag für den Vollmachtsgeber abschließen (vgl § 1008 ABGB).
78
Wenn eine Vollmacht auf bestimmte Arten von Geschäften begrenzt werden soll, bedient man sich einer Gattungsvollmacht (zB ständiger Einkauf von bestimmten Rohstoffen oder Betriebsmitteln).
79
Soll hingegen der Stellvertreter für alle Geschäfte, die einer Vollmacht zugänglich sind, bevollmächtigt werden, kann dies mit einer Generalvollmacht geschehen.
80
Das UGB kennt neben diesen drei Vollmachtsarten die Handlungsvollmacht und die Prokura. Während sich die Prokura auf grundsätzlich alle Geschäfte und Rechtshandlungen erstreckt, die der Betrieb eines Unternehmens gewöhnlich mit sich bringt, ist die Handlungsvollmacht demgegenüber nicht so weit reichend (s dazu Rz 557 ff).
81
Vollmachten können - wie erwähnt - formfrei erteilt werden. Um Unklarheiten zu vermeiden, ist jedenfalls die schriftliche Erteilung zu empfehlen. Zu beachten ist, dass eine Bevollmächtigung uU auch durch schlüssiges Handeln zustande kommen kann. Ausformungen sind die Duldungsvollmacht, bei der durch Duldung bestimmter vollmachtsfähiger Handlungen eine schlüssige Vollmachtserteilung erfolgt. Werden etwa durch einen Angestellten ständig Waren bestellt, die der Geschäftsherr anstandslos bezahlt, kann dieser bei einer gleichartigen Bestellung die Zahlung nicht deshalb verweigern, weil der Angestellte nicht ausdrücklich bevollmächtigt worden war. Ähnliches gilt für die Anscheinsvollmacht, bei der ein Vertretener den Anschein einer Bevollmächtigung des scheinbaren Stellvertreters gesetzt hat. Wenn zB dem Geschäftsherrn bekannt ist, dass Briefpapier und Firmenstempel bereits einmal ohne seinen Willen im Umlauf waren, kann sich dieser nicht auf eine fehlende Bevollmächtigung berufen, sofern er Geschäftspapier und Firmenstempel weiterhin un- versperrt für jedermann zugänglich liegen lässt, und diese Utensilien zur Vollmachtsfälschung verwendet wurden.
82
Bezüglich der Beendigung einer Vollmacht sind folgende Möglichkeiten denkbar:
- Befristete Vollmachten enden durch Zeitablauf.
- Sofern die Vollmacht an eine Bedingung geknüpft ist, endet sie durch Eintritt der Bedingung.
- Der Abschluss des Geschäftes, für das die Vollmacht erteilt wurde, bringt diese zum Erlöschen.
- Weiters erlischt die Vollmacht durch Widerruf (einseitige Willenserklärung) des Vollmachtgebers,
- durch Kündigung des Stellvertreters sowie
- grundsätzlich durch den Tod des Vollmachtsgebers oder seines Stellvertreters sowie jedenfalls, wenn der Bevollmächtigte verstirbt.
83
Ausnahmsweise können bereits erloschene Vollmachten fortwirken. Insbes geschieht dies bei Geschäften, die nicht aufgeschoben werden können. Wenn sich etwa trotz des Todes des Vollmachtsgebers ein angefangenes Geschäft nicht ohne offenbaren Nachteil der Erben unterbrechen lässt, erstreckt sich die Vollmacht weiter (§ 1022 und § 1025 ABGB). Weiters ist davon auszugehen, dass gegenüber einer gutgläubigen Person, der ohne ihr Verschulden die Vollmachtsaufhebung nicht bekannt geworden ist, die Vollmacht als weiterbestehend anzusehen ist.
84
Für Verbraucher (s dazu Rz 209 f) findet sich im KSchG eine besondere Schutzvorschrift, der zu Folge der Verbraucher davon ausgehen kann, dass der Vertreter eines Unternehmers alle Rechtshandlungen setzen darf, die derartige Geschäfte grundsätzlich mit sich bringen (§ 10 Abs 1 KSchG). Auf diesen "gewöhnlichen Vollmachtsumfang" kann sich der Verbraucher allerdings dann nicht berufen, wenn er von einer allfälligen Vertretungsbeschränkung wusste; hat er bloß grob fahrlässig davon nicht Kenntnis genommen, kann der Unternehmer vom Vertrag zurücktreten (§ 10 Abs 2 KSchG). Schließlich ist in § 10 Abs 3 KSchG geregelt, dass der Ausschluss der Rechtswirksamkeit von formlosen (mündlichen) Erklärungen des Vertreters im Namen des Unternehmers unwirksam ist; freilich wird dies nur dann gelten, wenn dem Konsumenten nicht bekannt ist, dass der Vertreter zur Abgabe derartiger Erklärungen nicht befugt ist.
85
Hat der Stellvertreter entweder überhaupt keine Vertretungsbefugnis oder überschreitet er die ihm eingeräumten Befugnisse zur Vertretung und ist überdies weder eine Anscheins- oder Duldungsvoll- macht (s dazu Rz 81) noch eine Fortwirkung erloschener Vollmachten (s dazu Rz 83) gegeben, kommt das Rechtsgeschäft mit dem angeblich Vertretenen grundsätzlich nicht zustande. Möglich ist allerdings, dass der Scheinvertretene das Geschäft nachträglich genehmigt (§ 1016 ABGB).
86
Sofern der angeblich Vertretene das Geschäft nicht nachträglich genehmigt, haftet der Scheinvertreter dem Dritten, der den Vollmachtsmangel weder kannte noch kennen musste, für den entstanden Vertrauensschaden (falsus procurator-Haftung). Er hat daher grundsätzlich all das zu ersetzen, was der Dritte im Glauben an das Bestehen der Vollmacht an Schaden erlitten hat (§ 1019 ABGB). Sofern dem Dritten der Vollmachtsmangel bekannt gewesen ist, hat er keinen Schadenersatzanspruch; wenn ihm der Mangel hätte bekannt sein müssen, wird der Ersatzanspruch im Verhältnis seines Mitverschuldens gemindert (§ 1304 ABGB).
87
Überschreitet der Vertreter den ihm im Innenverhältnis erteilten Auftrag und hält sich dabei gleichzeitig an den Umfang der nach außen wirksamen Vollmacht, ist die gesetzte Vertretungshandlung grundsätzlich gültig. Allerdings wird der Stellvertreter seinem Auftraggeber im Innenverhältnis schadenersatzpflichtig.
88
Etwas anderes gilt, wenn der Stellvertreter und der Dritte absichtlich zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirken (Kollusion); in diesem Fall kann der Vertretene die Ungültigkeit des auftragswidrigen Geschäftes geltend machen.
89
Ein lnsichgeschäft ist vor allem in zwei Variationen denkbar: Möglich ist zum einen, dass der Vertreter selbst am Geschäftsabschluss mit dem Vertretenen interessiert ist (Selbstkontrahieren). Zum anderen ist es denkbar, dass der Vertreter ein Rechtsgeschäft für zwei oder mehrere Vertretene, für die er vertretungsbefugt ist, abschließt (Doppelvertretung).
Auf Grund der für den bzw die Vertretenen damit verbundenen Ge- fahren sind lnsichgeschäfte grundsätzlich unzulässig, soweit nicht eine ausdrückliche Genehmigung zur Vornahme derselben eingeräumt wird oder rechtliche Nachteile für den Vertretenen gänzlich auszuschließen sind. Ein ausdrückliches gesetzliches Verbot besteht für den Bereich der gesetzlichen Stellvertretung; hier ist die Bestellung eines Kollisionskurators durch das Gericht erforderlich (§§ 273 f ABGB).
91
Bei den Rechtssubjekten handelt es sich - wie dargelegt - um Träger von Rechten und Pflichten; sie allein sind in der Lage, über Sachen als Objekte des Rechtsverkehrs (Rechtsobjekte) zu verfügen.
92
Gem § 285 ABGB ist alles, was von einer Person zu unterscheiden ist und dem Gebrauch der Menschen dient, im rechtlichen Sinn eine Sache. Auf Grund dieser sehr weit formulierten Bestimmung lassen sich ua auch immaterielle Rechte (wie zB Patentrechte oder Urheber- rechte) oder etwa auch Forderungsrechte (zB eine Geldforderung) unter den Sachbegriff des ABGB subsumieren.
93
Die dinglichen Rechte beziehen sich auf körperliche Sachen. Bei den körperlichen Sachen handelt es sich um solche, die "in die Sinne fallen" (§ 292 ABGB). In diese Klassifikation würden grundsätzlich auch Tiere fallen, die jedoch gem § 285a ABGB keine Sachen sind und durch "besondere Gesetze" geschützt werden; allerdings werden die für Sachen geltenden Regeln grundsätzlich auch auf Tiere angewendet.
94
Hingegen sind die unkörperlichen Sachen dadurch gekennzeichnet, dass sie ohne unmittelbaren Sachbezug sind; sie können nicht mit den Händen "begriffen" werden. Dazu zählen etwa die Forderungsrechte oder auch die Immaterialgüterrechte.
95
Da das Recht an körperlichen Sachen als dingliches Recht gegenüber jedermann durchsetzbar sein soll, muss es auch in seiner Existenz von jedermann erkannt werden können. Für das Sachenrecht gilt daher der Grundsatz der Publizität, der darin besteht, dass offenkundig sein muss, wem eine Sache zuzuordnen ist. Dieser Grundsatz wird idR dadurch gewährleistet, dass der Berechtigte die Sache in seiner Verfügungsgewalt hat. Bei unbeweglichen Sachen (Liegenschaften) ergibt sich die rechtliche Zugehörigkeit aus der Eintragung ins Grundbuch (s dazu Rz 179 ff).
96
Die Begründung eines dinglichen Rechtes an einer Sache bedarf sowohl eines rechtlichen Titels (zB Kaufvertrag) als auch eines rechtlich anerkannten Modus (Übergabe der Sache). Fehlen bzw fehlt Titel und/oder Modus, kann ein Recht an einer Sache grundsätzlich nicht begründet werden. Bei der Veräußerung eines Fernsehers bildet bei- spielsweise der Kaufvertrag den Titel und die körperliche Übergabe den Modus für den Eigentumsübergang.
97
Die Sachenrechte unterliegen nicht den privatautonornen Gestaltungsmöglichkeiten, sondern dem besonderen sachenrechtlichen Typenzwang. Das bedeutet, dass es bloß eine geschlossene Anzahl von Sachenrechten gibt. Die Rechtssubjekte können sich nur jener dinglichen Rechte bedienen, die durch die Rechtsordnung bereitgestellt werden. Zu den dinglichen Rechten zählen das Eigentum, das Pfandrecht, die Dienstbarkeit, die Reallast, das Baurecht und in eingeschränkter Form der Besitz.
98
Der Grundsatz der Spezialität bringt zum Ausdruck, dass ein Recht nur an jeweils einer Sache begründet oder geändert werden kann. Das bedeutet, dass zur Rechtsübertragung des (Gesamt-)Vermögens einer Person grundsätzlich jede Sache extra übertragen werden muss. Gem § 302 ABGB können jedoch uU mehrere besondere Sachen als eine Sache angesehen und somit als Ganzes betrachtet werden (Gesamtsache).
99
Sachenrechte können nur von demjenigen übertragen werden, der auch eine tatsächliche Berechtigung an der Sache hat. Es gilt der Grundsatz, dass eine Sache nur vom Berechtigten erworben werden kann (Erwerb vom Berechtigten). Durchbrachen wird dieser Grundsatz durch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs von beweglichen Sachen vom Nichtberechtigten gem § 367 f ABGB (s dazu Rz 147).
130
Gem § 339 ABGB ist nämlich niemand befugt, den Besitz - von welcher Beschaffenheit er auch immer sein möge - eigenmächtig zu stören. Der besondere Zweck dieser Bestimmung besteht vor allem darin, dass Störungen, die eine generelle Gefahr für den allgemeinen Rechtsfrieden darstellen, möglichst rasch bzw einfach bereinigt werden können. Im Wege des Besitzstörungsverfahrens soll der letzte ruhige Besitzstand wiederhergestellt werden. Selbsthilfe ist nur zulässig, sofern "behördliche Hilfe" zu spät kommen würde (§ 344 ABGB).
131
Der gestörte Besitzer hat die Klage binnen 30 Tagen ab Kenntnis von Störung (bzw Entziehung) und Störer einzubringen und seinen bisherigen Besitz sowie die Verletzung durch den Beklagten nachzuweisen. Im Zuge des Besitzstörungsverfahrens wird die Rechtmäßigkeit oder Redlichkeit des Besitzers nicht erörtert; von Bedeutung ist vielmehr der letzte ruhige Besitz. Sofern der Beklagte nachweisen kann, dass der Kläger ihm gegenüber kein echter Besitzer ist, wird die Besitzstörungsklage jedoch abgewiesen.
132
Der qualifizierte Besitzer kann sich überdies im Fall der Störung oder Entziehung seines Besitzes der Klage aus dem rechtlich vermuteten Eigentum (actio publiciana) bedienen (§ 372 ABGB). Nach dieser Bestimmung wird nämlich derjenige, der den gültigen Titel und die echte Art, wodurch er in den Besitz der Sache gelangt ist, dargetan hat, in Rücksicht auf jeden anderen Besitzer, der keinen oder nur einen schwächeren Titel seines Besitzes angeben kann, für den wahren Eigentümer gehalten. Es obsiegt daher bei derartigen Konstellationen derjenige, der das "relativ bessere" Recht an der Sache hat. Wenn die beweisbaren Titel der Besitzer "gleich stark" sind, verbleibt die Sache beim Inhaber (beatus possidens; § 374 ABGB).
133
Das Eigentumsrecht ist das umfassendste aller dinglichen Rechte. Gem § 354 ABGB ist Eigentum eine als ein Recht zu betrachtende Befugnis, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten und jeden anderen davon auszuschließen. Trotz dieser umfassenden Formulierung des § 354 ABGB gewährt das Eigentumsrecht keine grenzenlose Rechtsausübung. So wird etwa das Eigentumsrecht durch § 364 Abs 1 ABGB wie folgt eingeschränkt: .“Überhaupt findet die Ausübung des Eigentumsrechtes nur insofern statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden." Im Besonderen haben die Eigentümer benachbarter Grundstücke auf einander Rücksicht zu nehmen.
134
Auf dem Gebiet der privatrechtlichen Beschränkungen kommt insbes dem so genannten Nachbarrecht erhebliche Bedeutung zu. In den §§ 364 ff ABGB sind die Rechte und pflichten von benachbarten Grundstückseigentümern geregelt. Dabei gilt als Grundsatz, dass ortsübliche Immissionen, die von anderen Grundstücken ausgehen, zu dulden sind; Ausschlag gebend ist dabei das "Empfinden eines Durchschnittsmenschen". Hingegen vermitteln Immissionen, die das gewöhnliche Ausmaß überschreiten und die ortsübliche Nutzung des eigenen Grundstückes wesentlich beeinträchtigen, einen entsprechenden Unterlassungsanspruch (§ 364 Abs 2 ABGB). In § 364 Abs 3 ABGB ist überdies geregelt, dass im Falle der Unzumutbarkeit auch gegen den Entzug von Luft oder Licht vorgegangen werden kann, sofern diese Beeinträchtigungen von am Nachbargrundstück wachsenden Pflanzen ausgehen (so genannte negative Immissionen). Zu beachten gilt dabei, dass vor der Klagsführung gegen negative Immissionen ein Einigungsversuch zwischen den Nachbarn (vor einem '.1ediator, dem Bezirksgericht oder einer Schlichtungsstelle ) durchgeführt werden muss (Art 111 ZivRÄG 2004). Für Immissionen von behördlich genehmigten Anlagen gilt, dass diese vom Nachbarn auch dann zu dulden sind, wenn sie das ortsübliche Ausmaß überschreiten, allerdings besteht bei Beeinträchtigungen ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch (Eingriffshaftung; § 364a ABGB bzw. Rz 517).
135
Daneben besteht auch eine Reihe von öffentlich-rechtlichen Beschränkungen des Eigentumsrechts (zB durch das Raumordnungsrecht, das Naturschutz- und Landschaftsschutzrecht, das Forstrecht).
136
Steht eine Sache im Eigentum nur eines Rechtssubjektes, ist diese natürliche oder juristische Person Alleineigentümer (§ 357 Satz ABGB); das Alleineigentum ist der Regelfall im Eigentumsrecht.
137
Wenn mehrere Rechtssubjekte an einer Sache gemeinsam als Eigentümer berechtigt sind, liegt Miteigentum vor. Dieses kann durch Gesetz, letztwillige Verfügung oder Vertrag entstehen. Nach § 825 ABGB bilden die Personen, denen ein und dasselbe Recht ungeteilt zukommt, eine Gemeinschaft. Miteigentümern steht ein ideeller Anteil bzw eine Quote an der gemeinsamen Sache zu. Über die ihm zustehende Quote kann der Miteigentümer selbständig verfügen (§ 829 ABGB).
138
Allerdings ist zur Vornahme von Verwaltungsmaßnahmen die Bildung einer entsprechenden Mehrheit unter den Miteigentümern erforderlich. Während bei Angelegenheiten, welche die ordentliche Verwaltung und Benützung der Sache betreffen, die nach Miteigentumsanteilen berechnete einfache Mehrheit ausreichend ist (§ 833 ABGB), bedürfen Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung (zB langfristige Vermietung des gesamten Objekts) grundsätzlich einer einstimmigen Willensbildung. Ist diese nicht zu erreichen, so können zwar Miteigentümer, die zumindest die Hälfte der Anteile bilden, die Durchführung der gewünschten Maßnahme begehren. Die überstimmten Miteigentümer können aber Sicherstellung für künftige Schäden verlangen bzw bei grundloser Verweigerung dieser SichersteIlung aus der Gemeinschaft austreten. Wollen sie nicht austreten oder geschähe dies zur Unzeit, so entscheidet das Los, ein Schiedsrichter, oder - wenn auch hierüber keine Einigung zu erzielen ist der Richter im Außerstreitverfahren (vgl §§ 834 fund § 838a ABGB).
138a
In § 839 ABGB ist geregelt, dass die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten aus dem Miteigentum nach dem Verhältnis der Anteile bemessen werden; davon abweichende Vereinbarungen sind zulässig.
139
Die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft erfolgt im Einverständnis aller Miteigentümer; ist ein solches nicht zu erzielen, so kann jeder Miteigentümer bei Gericht eine Teilungsklage (§§ 830 f ABGB) einbringen. Die Teilung vollzieht sich entweder durch natürlich Teilung der Sache ("Realteilung") oder Veräußerungen der Sache und Verteilung des Erlöses ("Zivilteilung"). Eine Zivilteilung ist nur zulässig, wenn eine Realteilung entweder gar nicht oder nur unter beträchtlicher Wertminderung möglich wäre (§ 843 ABGB). Zur "Unzeit" darf keine Teilung erfolgen (§ 830 Satz 2 ABGB).
140
Eine besondere Form des Miteigentums ist das Wohnungseigentum iSd WEG. Es räumt dem Miteigentümer einer Liegenschaft oder einer Eigentümerpartnerschaft das dingliche Recht ein, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und darüber zu verfügen (§ 2 Abs 1 WEG). Wohnungseigentumsobjekte sind Wohnungen, sonstige selbständige Räumlichkeiten und Abstellplätze für Kraftfahrzeuge (wohnungseigentumstaugliche Objekte), an denen Wohnungseigentum begründet wurde; an Liegenschaftsteilen, die der allgemeinen Benützung dienen (zB Spielplatz) kann kein Wohnungseigentum begründet werden. Das Wohnungseigentum kann entweder einer einzigen (natürlichen oder juristischen) Person bzw Gesamthandschaft oder einer Eigentümerpartnerschaft (vgl §§ 13 ff WEG) eingeräumt werden; letztere besteht aus zwei natürlichen Personen, die gemeinsam Wohnungseigentümer eines Wohnungseigentumsobjekts sind.
141
Was die Nutzungsrechte betrifft, so stehen diese grundsätzlich jedem Wohnungseigentümer für sein Wohnungseigentumsobjekt selbst zu; bezüglich der Benützung der verfügbaren allgemeinen Teile der Liegenschaft können sämtliche Wohnungseigentümer schriftlich eine Vereinbarung treffen (§§ 16 f WEG). Für die Verwaltung der Liegenschaft gelten weitgehend dieselben Regeln wie beim schlichten Miteigentum, wobei als Ausnahme dazu auch über außerordentliche Maßnahmen die Mehrheit entscheidet; überstimmte Wohnungseigentümer können allerdings das Gericht anrufen (vgl §§ 28 f WEG). Von besonderer Bedeutung sind dabei die im WEG niedergelegten Minderheitsrechte; so kann im Hinblick auf bestimmte Maßnahmen wie zB die Rücklagenbildung bzw -erhaltung, von jedem einzelnen Wohnungseigentümer eine verbindliche Gerichtsentscheidung verlangt werden (§ 30 Abs 1 WEG).
141a
Betreffend die Verwaltung der "allgemeinen Teile der Liegenschaft" wird der so genannten Eigentümergemeinschaft eine beschränkte Rechtspersönlichkeit zugewiesen (§ 2 Abs 5 WEG). Diese Eigentümergemeinschaft wird - sofern kein Verwalter bestellt ist - durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer vertreten (vgl § 18 Abs 2 WEG). Durch § 20 Abs 7 WEG ist sichergestellt, dass die den Verwalter betreffenden Pflichten weder aufgehoben noch beschränkt werden können. Sofern der Verwalter unbefristet bestellt wurde, kann er unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist jeweils zum Ende der Abrechnungsperiode (das wird idR der Jahresultimo sein) gekündigt worden bzw. selbst kündigen; sofern der Verwalter befristet bestellt wurde, kann ohne Kündigung frühestens nach drei Jahren zum Ende der Abrechnungsperiode (das wird idR der Jahresultimo sein) gekündigt werden bzw. kündigen. Eine vorzeitige Auflösung aus wichtigem Grund ist jederzeit möglich (vgl § 21 WEG). Was die (generellen) Aufwendungen für die Liegenschaft betrifft, so haben die Wohnungseigentümer dafür anteilsmäßig ein zu stehen; sofern sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen, kann auch ein davon abweichender Aufteilungsschlüssel festgelegt werden (§ 32 Abs 1 und Abs 2 WEG).
141b
Damit Wohnungseigentum begründet werden kann, muss eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Miteigentümern abgeschlossen werden (so genannter Wohnungseigentumsvertrag; § 3 Abs 1 Z 1 WEG). Bei der Begründung von Wohnungseigentum ist für jedes wohnungseigentumstaugliche Objekt ein entsprechender Nutzwert festzusetzen. Dabei ergibt sich der Nutzwert eines Wohnungseigentumsobjektes aus dessen Nutzfläche und aus den Zu- und Abschlägen für Wert erhöhende oder Wert mindernde Faktoren (§ 2 Abs 8 WEG). Jeder Wohnungseigentümer verfügt über einen so genannten Mindestanteil, dessen Größe sich aus dem Verhältnis des Nutzwertes des Objektes zur Summe der Nutzwerte aller Wohnungseigentumsobjekte ergibt. Das Wohnungseigentum ist mit dem Mindestanteil untrennbar verbunden, so dass darüber nur gemeinsam verfügt werden kann (§ 11 Abs 1 WEG). Im Falle einer so genannten Eigentümerpartnerschaft (zB: Ehegatten) kann ausnahmsweise der Mindestanteil auch an zwei natürliche Personen je zur Hälfte eingeräumt werden.
142
Über Sachen, die sich im Gesamthandeigentum befinden, kann nur in der Gemeinschaft verfügt werden. Der Gesamthandeigentümer hat keine ideelle Quote, über die er selbständig verfügen könnte, sondern nur ein Mitbestimmungsrecht im Rahmen der gemeinschaftlichen Verfügungen über die Sache im Gesamthandeigentum (so steht zB die OG im Gesamthandeigentum der Gesellschafter, vgl dazu Rz 617).
143
Wie bereits dargelegt, kann ohne Rechtsgrund (zB Kaufvertrag) und ohne rechtliche Erwerbungsart (zB Übergabe der Sache) kein Eigentum erlangt werden (§ 380 ABGB). Somit ist der Eigentumserwerb durch einen zweiaktigen Vorgang gekennzeichnet, der aus Rechtsgrund bzw. Titel und rechtlicher Erwerbungsart bzw. Modus besteht. Betreffend den Eigentumserwerb als solchen kann zwischen einer Reihe verschiedener Arten unterschieden werden:
144
Ein derivativer Eigentumserwerb liegt vor, wenn das Recht auf Eigentum unmittelbar durch die Übertragung dieses Rechtes vom Vormann abgeleitet wird. Bewegliche Sachen können entweder durch körperliche Übergabe (§ 426 ABGB), durch Zeichen (§ 427 ABGB) oder durch Erklärung (§ 428 ABGB) übertragen werden. Eine Sonderform des Eigentumserwerbes ist die Übergabe durch Versendung. Gem § 429 ABGB wird dem Erwerber dabei das Eigentum an einer beweglichen Sache bereits bei Übergabe der Sache des Veräußerers an den Transporteur übertragen, sofern der Erwerber diese Transportart genehmigt hat; dabei gilt der Versand durch die Post oder die Bahn als "genehmigte Überschickungsart".
145
Für die Übertragung unbeweglicher Sachen muss das Erwerbungsgeschäft in den dazu bestimmten öffentlichen Büchern (Grundbuch) durch die Einverleibung (Intabulation) vermerkt werden (§ 431 ABGB; s dazu Rz 188).
146
Beim originären Eigentumserwerb entsteht - unabhängig von allfälligen Rechten des Vormannes - das Eigentumsrecht beim Erwerber gänzlich neu. So können herrenlose Sachen (s dazu Rz 102) nicht nur in Besitz genommen werden, sondern durch Zueignung (Okkupation) auch in das Eigentum des Erwerbers übergehen (vgl §§ 381 f ABGB).
147
Das ABGB sieht lediglich unter ganz besonderen Voraussetzungen die Möglichkeit des Eigentumserwerbes vom Nichtberechtigten (Nichteigentümer) vor: Wenn ein redlicher Besitzer eine bewegliche Sache in einer öffentlichen Versteigerung oder von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens oder vom Vertrauensmann des Eigentümers entgeltlich erworben hat, erwirbt er an der bereits übergebenen Sache Eigentum. Der vorige Eigentümer verliert den Eigentumsanspruch an der Sache und hat nur einen Schadenersatzanspruch an den veräußernden Nichtberechtigten (§ 367 ABGB). Redlichkeit des Besitzers wird dann angenommen, wenn er weder weiß noch vermuten muss, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört; beim Erwerb von einem Unternehmer (im gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens) genügt der gute Glaube an die Befugnis des Veräußerers, über die Sache zu verfügen (§ 368 Abs 1 ABGB). Wird allerdings bewiesen, dass der Besitzer entweder schon aus der Natur der an sich gebrachten Sache, oder aus dem auffallend zu geringen Preis derselben, oder aus den bekannten persönlichen Eigenschaften seines Vormannes, aus dessen Unternehmen oder anderen Verhältnissen einen begründeten Verdacht gegen die Redlichkeit eines Besitzes hätte schöpfen können, so muss er als unredlicher Besitzer die Sache dem Eigentümer abtreten.“
148
Ein gutgläubiger Erwerb von unbeweglichen Sachen ist zunächst dann denkbar, wenn ein qualifizierter Besitzer die Sacher ersitzt; dabei beträgt die Ersitzungszeit grundsätzlich 30 Jahre (§§ 1452 ff ABGB). Überdies vermittelt der im Grundbuchsrecht verankert Vertrauensgrundsatz, dass ein gutgläubiger Erwerber Eigentum von einer ins Grundbuch eingetragenen Person auch dann erwerben kann, wenn diese gar kein Eigentumsrecht hat und dies im Grundbuch nicht entsprechend vermerkt wurde (§§ 62 ff GBG; s dazu Rz 192).
149
Gem § 404 ABGB ist alles, was aus einer Sache entsteht oder zu einer Sache hinzukommt, ohne dass es dem Eigentümer von jemand anderem übergeben worden ist, als Zuwachs zu bezeichnen. Das ABGB unterscheidet zwischen natürlichen Zuwachs (§§ 405 ff ABGB), künstlichem Zuwachs durch Verarbeitung oder Vermengung (§§ 414 ff ABGB), insbes bei Bauführung (§§ 417 ff ABGB) und vermischtem Zuwachs (§§ 420 ff ABGB).
150
Die Eigentumsverhältnisse bei Zuwachs zu einer Sache lassen sich nur für den Bereich des natürlichen Zuwachses ohne detaillierte Behandlung des dem jeweiligen Zuwachs zugrunde liegenden Sachverhaltes lösen; demnach ist etwa der Eigentümer des Muttertieres nach § 405 ABGB auch gleichzeitig Eigentümer des zugehörigen Wurfes. Sonst erfolgt die Zuordnung der Eigentümereigenschaft - abhängig von der jeweiligen Fallkonstellation - nach Maßgabe der Regelungen der §§ 415 ff ABGB.
151
So gilt etwa in dem Fall, in welchem aus schon vorhandenen Sachen eine andere (neue) Sache entsteht (Verarbeitung), dass - sofern vertragliche Vereinbarungen nicht bestehen und die Verarbeitung ohne Wertverlust nicht mehr rückgängig gemacht werden kann - zwischen dem Rohstoffeigentümer und dem Verarbeitenden im Verhältnis; ihrer Anteile Miteigentum entsteht (§ 415 ABGB). Demjenigen Miteigentümer, den kein Verschulden an der Verarbeitung trifft, wird ein Wahlrecht eingeräumt, dem zufolge er darüber entscheiden kann, ob er die gesamte Sache gegen entsprechenden Wertersatz an sich bringen oder ob er für seinen Anteil vom anderen Miteigentümer einen entsprechenden Ersatz erhalten will. Werden hingegen fremde Materialien nur zur Ausbesserung einer Sache verwendet, bleibt der Eigentümer der Hauptsache auch deren Alleineigentümer; der Eigentümer der Nebensache, mit welcher die Ausbesserung vorgenommen wurde, erhält einen entsprechenden Wertersatzanspruch (§ 416 ABGB).
152
Sofern es zu einer Vermischung von gleichartigen Sachen mehrerer Eigentümer kommt, kann grundsätzlich jeder Miteigentümer verlangen, dass ihm jene Menge ausgehändigt wird, die seinem Anteil entspricht. Zu beachten gilt, dass dann, wenn jemand fremdes Geld mit seinem eigenen Geld ununterscheidbar vermengt, er zum Alleineigentümer des Geldes wird (§ 371 ABGB); die Person, welche dadurch ihr Eigentumsrecht verliert, hat freilich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Wertersatz.
153
Sofern bei einer Bauführung fremde Sachen verwendet werden, gilt der Grundsatz, dass der Grundeigentümer zum Eigentümer der fremden Sachen wird. Jedoch muss der Grundeigentümer dafür Ersatz leisten: Bei Redlichkeit muss der gemeine Wert ersetzt werden, bei Unredlichkeit ist hingegen der Höchstwert sowie ein Ausgleich von allfälligen weiteren Schäden zu ersetzen (§ 417 ABGB).
154
Sofern mit eigenem Material auf fremdem Grund gebaut wird, erwirbt der Grundeigentümer das Eigentum am Baumaterial, wenn er von der Bauführung nichts wusste. Dem redlichen Bauführer sind die notwendigen und nützlichen Kosten zu ersetzen, während die Ansprüche des unredlichen Bauführers nach den Grundsätzen der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Rz 521 ff) behandelt werden. Wenn hingegen der Eigentümer des Grundstückes von der Bauführung gewusst und sie nicht sogleich untersagt hat, erwirbt der Bauführer das Grundeigentum, hat jedoch dem früheren Eigentümer den gemeinen Wert der Liegenschaft zu ersetzen (§ 418 ABGB).
155
Wer auf eine verlorene oder vergessene bewegliche Sache stößt und diese an sich nimmt, ist iSv §§ 389 Abs 1 ABGB ein Finder. Die verlorene bzw vergessene Sache ist der Fund. Der Finder ist verpflichtet, den Fund bei der zuständigen Behörde (Bürgermeister) anzuzeigen und abzugeben (§ 390 ABGB). Diese Verpflichtung besteht dann nicht, wenn der Finder die gefundene Sache dem Verlustträger ausgefolgt hat. Sofern der Wert der gefundenen Sache € 10,- nicht übersteigt und gleichzeitig nicht erkennbar ist, dass die Wiedererlangung der Sache für den Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist, erwirbt der Finder das Eigentum daran (§ 391 Z 2 ABGB). Mit Ablauf einer Frist von einem Jahr ab dem Zeitpunkt der Fundanzeige erwirbt der Finder daran das Eigentum, es sei denn, der Verlustträger hat die Sache vorher herausverlangt (§ 395 ABGB). In diesem Fall hat der Finder Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen und auf den Finderlohn. Dieser beträgt bei verlorenen Sachen 10 % und bei vergessenen Sachen 5 % des gemeinen Wertes; sofern der gemeine Wert € 2.000,- übersteigt, beträgt der Finderlohn jeweils die Hälfte der angeführten Sätze (§ 393 ABGB).
156
Setzen sich die entdeckten Sachen aus Vermögenswerten in Form von Geld, Schmuck oder anderen Kostbarkeiten, die solange im Verborgenen gelegen haben, dass man den vorigen Eigentümer nicht mehr erfahren kann, zusammen, heißen sie Schatz (§ 398 ABGB). Den Schatzfund teilen sich grundsätzlich der Finder und der Eigentümer des Grundes oder der den Schatz bergenden Sache zu gleichen Teilen (§ 399 ABGB). Besondere Vorschriften zum Schatzfund finden sich in den §§ 9 ff DSchG.
157
Einen besonderen Eigentumserwerb sieht das ABGB für den hoheitlichen Bereich vor. Wenn es das allgemein Beste gebietet, muss ein Mitglied des Staates das vollständige Eigentum an einer Sache abtreten (§ 365 ABGB). Der Staat ist idR (auf Basis der einschlägigen Entschädigungsgesetze) zu einer angemessenen Entschädigung verpflichtet, erwirbt aber auch ohne das Einverständnis des bisherigen Eigentümers das Eigentumsrecht an der Sache. Diese nicht unumstrittene Form des Eigentumsüberganges wird als Enteignung bezeichnet. So kann beispielsweise der Staat die Grundeigentümer jener Grundstücke enteignen, die für den Bau einer Autobahn notwendig sind. Möglich ist auch die Enteignung zu Gunsten von Privatrechtssubjekten (zB ÖBB).
158
Weitere Eigentumserwerbsarten sind insbes die Übertragung im Fall des rechtmäßigen Erbganges durch die Einantwortung und der Zuschlag bei einer Zwangsversteigerung. Bei beiden Eigentumserwerbsarten wird bei unbeweglichen Sachen (Liegenschaften) das Eintragungsprinzip durchbrochen, da schon vor Intabulation in das Grundbuch die Eigentümereigenschaft unstrittig dokumentiert ist.
159
Das ABGB gewährt dem Eigentümer einer Sache einen umfassenden Eigentumsschutz gegenüber jedermann. Wesentlich ist es daher, den rechtmäßigen Eigentümer mit Instrumenten auszustatten, die es ihm ermöglichen, seines Eigentums jederzeit habhaft zu werden. Von besonderer Bedeutung sind dabei insbes die folgenden Klagsmöglichkeiten:
160
Ein Eigentümer, der seine Sache nicht mehr in seinem Gewahrsam hat, kann die ihm vorenthaltene Sache vom Inhaber durch die Eigentumsklage gem § 366 ABGB gerichtlich einfordern. Dabei ist jedoch zu beachten, ob dem Inhaber einer Sache nicht ein Recht zur Innehabung - etwa durch einen Mietvertrag - zusteht. Um die Sache wieder durch Eigentumsklage in Besitz zu nehmen, hat der Eigentümer die Sache hinlänglich zu beschreiben. Überdies ist der tatsächliche Nachweis des Eigentums eine Voraussetzung für das Durchdringen des Eigentumsanspruches gegen den Inhaber bzw Besitzer. Da dies nicht immer einfach sein wird, kommt in derartigen Fällen vor allem auch der oben beschriebenen Klage aus dem rechtlich vermuteten Eigentum (§ 372 ABGB; s dazu Rz 132) besondere Bedeutung zu.
161
Zu beachten ist, dass dann, wenn der Inhaber bzw Besitzer Aufwendungen zur Erhaltung oder auch Verbesserung der Sache getätigt hat, er diese im Rahmen der Eigentumsklage entgegenhalten kann. Dabei hängt die Höhe des Aufwandersatzes davon ab, ob der Inhaber redlich oder unredlich war. Der redliche Besitzer kann vom Eigentümer den notwendigen und nützlichen Aufwand ersetzt verlangen (§ 331 ABGB); hingegen darf der unredliche Besitzer Ersatz lediglich im Umfang der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen (§ 336 ABGB; s dazu Rz 521 ff). Gem § 471 ABGB kommt dem auf Herausgabe einer Sache belangten Inhaber ein Zurückbehaltungsrecht zu, wenn er für diese Sache Aufwendungen getätigt hat bzw wenn er durch sie zu Schaden gekommen ist; er hat die Sache daher nur Zug um Zug gegen die Befriedigung seiner Forderungen herauszugeben. Ein derartiges Zurückbehaltungsrecht besteht dann nicht, wenn der Inhaber die Sache eigenmächtig oder listig entzogen hat oder wenn sie ihm zur Leihe, zur Verwahrung oder in Bestand gegeben wurde (§ 1440 ABGB). Zu beachten gilt des Weiteren, dass durch § 471 ABGB kein Befriedigungsrecht eingeräumt ist; es darf daher die Herausgabe der Sache lediglich verweigert, die Sache jedoch nicht verwertet werden (zu den weiter reichenden Wirkungen des Zurückbehaltungsrechts im UGB s Rz 573). Ein redlicher Besitzer kann für die Verschlechterung bzw den Untergang der Sache nicht verantwortlich gemacht werden; hingegen hat der unredliche Besitzer den allenfalls an der Sache entstandenen Schaden zu ersetzen (vgl §§ 329 und 335 ABGB).
162
Hat der besitzende Eigentümer die Absicht, Störungen gegen sein Eigentum abzuwehren, steht ihm das Instrument der Eigentumsfreiheitsklage ("actio negatoria") zu. Dabei hat der Kläger sein Eigentum und den Eingriff durch den Beklagten zu beweisen. Mit der Klage können die Wiederherstellung des vorigen Standes (Beseitigung der Störung) sowie die Unterlassung weiterer Störungen erwirkt werden.
163
Dingliche Rechte, die apriori keine Eigentumsrechte sind, werden als beschränkte dingliche Rechte bezeichnet. Dazu zählen insbes das Pfandrecht, die Dienstbarkeit, die Reallast und das Baurecht.
164
Durch das Pfandrecht wird dem Gläubiger (Pfandgläubiger) das dingliche Recht eingeräumt, aus einer Sache (Pfand) die (vorzugsweise) Befriedigung zu erlangen, wenn die Verbindlichkeit zu einer bestimmten Zeit nicht erfüllt wird (§ 447 ABGB). Verpfändet werden können alle verwertbaren Sachen, also nicht nur körperliche Sachen, sondern auch Forderungen (zB Gehaltsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis) oder etwa auch Immaterialgüterrechte. Zu beachten ist dabei, dass teilweise gesetzliche Verpfändungsverbote bestehen; so ist zB in der EO normiert, dass an Bezügen nur bis zum so genannten Existenzminimum Pfandrechte begründet werden können. Das Pfandrecht an beweglichen Sachen wird Faustpfand, jenes an unbeweglichen Sachen Hypothek genannt.
165
Ebenso, wie etwa beim Erwerb des Eigentumsrechtes, ist auch beim Erwerb des Pfandrechtes grundsätzlich das Vorliegen von Titel und Modus erforderlich. Dabei besteht der Titel (Verpflichtungsgeschäft) in aller Regel im Pfandbestellungsvertrag, der zwischen Pfandgeber und Pfandnehmer abgeschlossen wird (s dazu Rz 470). Das Verfügungsgeschäft (Modus) besteht bei beweglichen Pfändern regelmäßig in der Übergabe der Pfandsache; bei unbeweglichen Pfandsachen wird das Pfandrecht grundsätzlich durch Eintragung im Grundbuch begründet. Sofern die Übergabe von "Hand zu Hand" untunlich sein sollte, kommt eine Übergabe durch "Zeichen" in Betracht (§ 452 ABGB; zB die Anbringung einer festverschraubten Tafel mit dem entsprechenden Verpfändungshinweis an einer sehr schweren bzw. sperrigen Maschine). Denkbar ist auch ein gutgläubiger Pfandrechtserwerb (§ 456 ABGB). Von einer gerichtlichen Pfändung wird insbes dann gesprochen, wenn auf Grund etwa eines rechtskräftigen Urteils ein entsprechender Exekutionstitel vorliegt.
Daneben besteht eine Reihe von gesetzlichen Pfandrechten, die unmittelbar auf Grund der Erfüllung bestimmter gesetzlicher Tatbestände wirksam werden (zB Pfandrecht des Bestandgebers gem 1101 ABGB, Pfandrecht des Kommissionärs gem § 397 UGB).
166
Für das Pfandrecht sind sechs Grundsätze zu beachten, durch welche Wesen und Wirkung des Pfandrechts beschreiben werden:
Akzessorietät: Der Bestand des Pfandrechtes hängt vom Bestand dm besicherten Forderung ab. Wenn die besicherte Forderung untergeht, erlischt auch das Pfandrecht; ist die Schuld vollständig getilgt, ist auch die Pfandsache an den Schuldner zurückzugeben (§§ 467 ff ABGB).
Spezialität: Sowohl die besicherte Forderung als auch die als Pfand dienende Sache müssen grundsätzlich dem Umfang oder der Höhe (Geldwert) nach bestimmt sein.
Publizität: Einem Dritten muss der Bestand eines Pfandrechtes erkennbar sein; bei unbeweglichen Sachen (Liegenschaften) ist di(! Eintragung in das Grundbuch erforderlich, bei beweglichen Sachen ist die Pfandsache an den Pfandgläubiger zu übergeben (§ 451 ABGB).
Priorität: Das ältere Pfandrecht geht dem nachfolgend eingeräumten vor. Eine Liegenschaft kann durch mehrere Pfandrechte (Hypotheken) besichert sein, jedoch geht das im Grundbuch vorrangig (im ersten Rang) eingetragene Pfandrecht den nachfolgenden vor. Der im ersten Rang eingetragene Pfandrechtsgläubiger kann sich als erster in Höhe seiner Forderung aus der Pfandsache befriedigen.
Recht an fremder Sache: Der Pfandgläubiger hat vorerst nur einen Befriedigungsanspruch aus der Pfandsache und keinen Eigentumsanspruch an dem Pfand. Eine Benutzung der Pfandsache durch den Pfandgläubiger ist grundsätzlich nur mit Zustimmung des Pfandbestellers zulässig; sofern die Pfandsache schuld haft beschädigt wird, hat der Pfandgläubiger dafür Ersatz zu leisten. Erst wenn die besicherte Forderung nicht ordnungsgemäß getilgt wird, kann sich der Pfandgläubiger aus der Pfandsache befriedigen. Die Pfandverwertung erfolgt grundsätzlich unter Mitwirkung des Gerichts (zu den Ausnahmen vgl §§ 460a und 466a ff ABGB). Aus einer beweglichen körperlichen Sache kann sich der Pfandgläubiger durch den Verkauf der Sache befriedigen, sofern er bei der Verwertung der Sache angemessen auf die Interessen des Pfandgebers Bedacht nimmt (§ 466a Abs 1 und Abs 2 ABGB). Dabei hat der Pfandgläubiger dem Pfandgeber grundsätzlich nach Eintritt der Fälligkeit der gesicherten Forderung den Verkauf der Pfandsache anzudrohen und ua die Höhe der ausstehenden Forderung anzugeben; weiters darf der Verkauf grundsätzlich erst einen Monat nach dessen Androhung stattfinden (§ 466b Abs 1 ABGB). Schließlich hat der Verkauf grundsätzlich im Wege einer öffentlichen Versteigerung durch einen dazu befugten Unternehmer zu erfolgen (§ 466b Abs 2 ABGB); lediglich Sachen mit einem Börsen- oder Marktpreis dürfen vom Pfandgläubiger zu diesem Preis auch freihändig verkauft werden (§ 466b Abs 4 ABGB).
Ungeteilte Pfandhaftung: Das gesamte Pfand haftet für die besicherte Forderung, auch wenn der Wert des Pfandes den der Forderung Übersteigt. Wenn daher etwa nur ein Teil der Forderung getilgt wird, muss das Pfand grundsätzlich nicht zurück gestellt werden.
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IZm der Besicherung von Krediten ist die Höchstbetragshypothek von Bedeutung. Bei dieser wird nicht die Höhe der tatsächlich bestehenden Schuld, sondern ein entsprechender Höchstbetrag eingetragen, so dass Forderungen, die in weiterer Folge bis zu diesem Betrag entstehen, pfandrechtlich abgesichert sind. Hingegen berührt ein zwischenzeitliches Absinken der Schuld die Sicherungsposition des Gläubigers nicht.
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Sofern für eine einzige Forderung mehrere Liegenschaften haften, liegt eine Simultanhypothek vor, Bei dieser kann der Gläubiger grundsätzlich frei wählen. Welche der als Sicherheit gegebenen Liegenschaften er für der den Fall der Nichtbezahlung der gesicherten Schuld im Zeitpunkt der Fälligkeit verwertet.
169
Dem Pfandrecht verwandte Sicherungsrechte sind das Sicherungseigentum und die Sicherungsabtretung sowie der Eigentumsvorbehalt. Beim Sicherungseigentum wird eine Sache nicht verpfändet, sondern dem Gläubiger in sein Eigentum übertragen, der sie nach Til(Jung der Schuld wieder an den Schuldner zurück übertragen soll. Dem Sicherungseigentümer wird somit zwar das Eigentum an der Sache eingeräumt, auf Grund der getroffenen Vereinbarung darf dieses Recht aber nur so weit ausgeübt werden, als es zur Sicherung der Forderung notwendig ist.
170
Bei der Sicherungsabtretung bzw Sicherungszession wird eine Forderung zur Sicherstellung einer offenen Schuld an den Gläubiger Abgetreten. Der Sicherungsnehmer wird damit im Außenverhältnis zum Gläubiger der an ihn abgetretenen Forderung; im Innenverhältnis zu seinem Schuldner unterliegt er aber einer ähnlichen Bindung wie beim Sicherungseigentum.
171
Größere Bedeutung im Wirtschaftsleben ist dem Instrument des Eigentumsvorbehaltes beizumessen. Als Anwendungsfall dafür kann etwa der Kreditkauf angeführt werden. Bei diesem behält sich der Verkäufer einer Sache - trotz bereits erfolgter Übergabe der Kaufsache - das Eigentumsrecht durch eine entsprechende Vereinbarung mit dem Käufer vor, bis der Kaufpreis zur Gänze bezahlt ist. Der Käufer verfügt über ein Anwartschaftsrecht an der Sache und kann diese überdies für seine Geschäftszwecke benützen, obwohl ihm das Eigentumsrecht noch nicht übertragen wurde. Wenn der Käufer mit der Bezahlung seiner Schuld säumig wird, kann der Verkäufer die Sache unter Berufung auf sein Eigentumsrecht zurückverlangen; im Falle dm Insolvenz des Käufers kommt dem Verkäufer ein Aussonderungsrecht zu (§ 11 AO und § 44 KO).
172
Durch das Recht der Dienstbarkeit (Servitut) wird der Eigentümer einer Sache verpflichtet, zugunsten Dritter etwas zu dulden oder zu unterlassen (§ 472 ABGB). Das Servitutsrecht verpflichtet somit den Eigentümer grundsätzlich nicht zu einem aktiven Handeln, sondern lediglich zu einer passiven Akzeptanz eines Umstandes. Überdies müssen Dienstbarkeiten so ausgeübt werden, dass sie den Verpflichteten möglichst wenig belasten; eine eigenmächtige Erweiterung des Servitutsrechts ist nicht zulässig (§ 484 ABGB).
173
Auch der Erwerb von Dienstbarkeiten setzt das Vorliegen von Titel und Modus voraus, möglich ist aber etwa auch die Begründung durch Richterspruch gem den Grundsätzen des Notwegegesetzes (RGBI 1896/140 idgF).
174
Das ABGB unterscheidet zwischen Grunddienstbarkeiten (Realservituten) und persönlichen Dienstbarkeiten (Personalservituten). Grunddienstbarkeiten setzen zwei Grundbesitzer voraus; dem einen als Verpflichtetem gehört das dienstbare, dem anderen als Berechtigtem das herrschende Gut (§ 474 ABGB). Grunddienstbarkeiten sind beispielsweise Haus-, Wege-, Weide- und Wasserrechte (§§ 475 ff ABGB).
175
Personalservitute sind gem § 478 ABGB der nötige Gebrauch einer Sache, die Fruchtnießung und das Wohnungsrecht. Dabei sind diese Berechtigungen an jeweils eine bzw mehrere bestimmte Personen geknüpft und erlöschen idR mit dem Tod des Servitutsberechtigten. Die stärkste Ausformung der persönlichen Dienstbarkeit ist das Fruchtgenussrecht (Fruchtnießung), bei dem nicht nur die Nutzung (Gebrauch) einer Sache, sondern auch das Recht auf den vollen Ertrag an der Sache (§ 509 ABGB) dem Begünstigten zusteht; dabei gilt aber, dass die Substanz der Sache möglichst zu schonen ist.
176
Die dingliche Belastung eines Grundstücks mit der Haftung des Eigentümers für eine bestimmte (idR wiederkehrende) Leistung wird als Reallast bezeichnet. Im Unterschied zur Dienstbarkeit ist der Eigentümer des belasteten Grundstücks zu einem aktiven Tun verpflichtet. Sofern der Verpflichtete seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, kann der Reallast-Berechtigte zur Befriedigung seiner Ansprüche mit Zwangsvollstreckung in die haftende Sache vorgehen. Eine bekannte Form der Reallast ist die Leibrente (s dazu Rz 474 f).
177
Das Baurecht ist das dingliche Recht, auf oder unter der Grundfläche eines fremden Grundstückes ein Bauwerk zu haben (§ 1 BauRG). Es muss auf mindestens 10, jedoch nicht länger als auf 100 Jahre begründet werden. Nach dem Erlöschen des Baurechts wird der Grundstückseigentümer auch Eigentümer des Bauwerks; allerdings muss der Bauberechtigte mit einem Viertel des Werts des vorhandenen Bauwerks entschädigt werden, sofern nichts anderes vereinbart ist (§ 9 Abs 2 BauRG). Die weiteren Einzelheiten sind im BauRG normiert.
178
Vom Baurecht zu unterscheiden ist das bereits erwähnte Superädifikat (s dazu Rz 104). Auch beim Superädifikat darf ein Gebäude auf fremdem Boden errichtet werden. Allerdings muss hierbei die Absicht bestehen, das Bauwerk nicht ständig dort zu belassen (§ 435 ABGB).
196
Die österreichische Rechtsordnung wird durch das Prinzip der Vertragsfreiheit entscheidend geprägt: Dieses stellt sich - generell betrachtet - als eine der wesentlichsten Grundvoraussetzungen für eine liberale Wirtschaftsordnung dar, da auf Grund dieses Prinzips insbes die Inhalte von Verträgen grundsätzlich frei vereinbart werden können, solange nicht gegen zwingende Gesetze und Vorschriften oder gegen die guten Sitten iSd § 879 ABGB verstoßen wird. Dem Grunde nach kann jeder selbst darüber entscheiden, ob, wann, mit wem, mit welchem Inhalt bzw zu welchen Bedingungen er einen Vertrag abschließt und wie lange der Vertrag dauern soll ("Privatautonomie"). Freilich gibt es eine Reihe von Ausnahmen zu diesem Grundsatz. So besteht etwa für Monopol- bzw für monopolartige Betriebe, welche Dienstleistungen bzw Güter anbieten, auf deren Inanspruchnahme der "durchschnittliche" Mensch regelmäßig angewiesen ist (zB öffentliche Verkehrsmittel), die grundsätzliche Verpflichtung, mit jedermann Verträge zu den üblichen Bedingungen abzuschließen (Kontrahierungszwang).
197
Das "Vertragsrecht" und die zugehörigen Rechtsnormen werden im ABGB unter dem Oberbegriff des Schuldrechtes zusammengefasst. Dabei werden Verpflichtungen, die aus vertraglichen Vereinbarungen resultieren, als vertragliche Schuldverhältnisse bezeichnet. Diesen vertraglichen Schuldverhältnissen stehen die gesetzlichen Schuldverhältnisse (s dazu Rz 477 ff) gegenüber, die nicht durch privat-autonom gestaltete Verträge, sondern unmittelbar aus gesetzlichen Tatbeständen (zB die gesetzliche Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder; Schadenersatzpflicht) abzuleiten sind.
198
Zur besseren Erklärung der vielschichtigen Aspekte, welche im Vertragsrecht relevant sind, bietet sich der abstrakte Begriff des Rechtsgeschäftes an. Darunter versteht man die von Rechtssubjekten abgegebenen Willenserklärungen, auf Grund derer entsprechende Rechtswirkungen eintreten.
199
Die Willenserklärungen selbst bedürfen eines hinreichend be- 199 stimmten Inhalts (Inhaltswille), mit dem gleichzeitig die gewünschten Rechtsfolgen verknüpft sein müssen (Geltungswille). Sofern bei einer Willenserklärung der Geltungswille fehlt (mangelnde Ernstlichkeit), kann sie auch keine Verbindlichkeit entfalten (zB Erklärung im Scherz, die als solche erkennbar ist). Hingegen liegt eine rechtlich verbindliche Willenserklärung vor, wenn jemand zwar (in seinem Inneren) keinen Geltungswillen entwickelt, aber trotzdem außenwirksame Erklärungen abgibt (geheimer Vorbehalt bzw Mentalreservation).
200
Sofern Willenserklärungen bloß zum Schein abgegeben werden, liegt ein Scheingeschäft vor. Dieses wird als absolutes Scheingeschäft bezeichnet, wenn die beteiligten Vertragsparteien überhaupt nicht rechtsgeschäftlich tätig werden wollen; sofern sie zwar rechtsgeschäftlich handeln wollen, jedoch in Wirklichkeit ein anderes Geschäft gewollt ist, spricht man vom verdeckten Scheingeschäft.
Gem § 916 Abs 1 ABGB ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum Schein abgegeben wird, nichtig. Das dadurch verdeckte Geschäft ist nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen, sofern es gem § 879 ABGB nicht überhaupt ungültig ist. Einem Dritten, der auf die Gültigkeit des Scheingeschäftes vertraut hat, kann hingegen die Scheinnatur des Geschäftes nicht entgegengehalten werden (§ 916 Abs 2 ABGB). Von Scheingeschäften sind Umgehungsgeschäfte zu unterscheiden; bei diesen ist zwar der wirtschaftliche Zweck ein anderer als jener, für den der konkrete Vertragstyp gewählt wurde, dennoch ist aber der Abschluss des Geschäftes als solches gewollt (zB Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes anstelle einer Pfandbestellung). Derartige Umgehungsgeschäfte sind grundsätzlich insoweit gültig, als nicht ihr Inhalt sittenwidrig ist.
201
Willenserklärungen können ausdrücklich (zB mündlich oder schriftlich) oder durch konkludentes Handeln (schlüssig) abgegeben werden. Bei den schlüssigen Willenserklärungen handelt es sich um solche, die mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln übrig lassen, dass eine entsprechende Willenserklärung abgegeben werden soll (§ 863 ABGB). Sie sind in aller Regel zugangsbedürftig, dh, sie müssen dem Erklärungsempfänger zugegangen sein, damit sie entsprechende Rechtsfolgen herbeiführen können (Ausnahmen: zB Auslobung, Testament).
202
Gem § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen (bzw Verträgen) nicht nur der Wortsinn zu beachten, sondern vielmehr die tatsächliche Absicht der Parteien zu erforschen; im Zweifel ist bei der Interpretation die Übung des redlichen Verkehrs ausschlaggebend. Durch § 915 ABGB ist normiert, dass bei einseitig verbindlichen Verträgen im Zweifel angenommen wird, dass sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last auferlegen wollte; bei zweiseitig verbindlichen Verträgen wirkt eine undeutliche Äußerung zum Nachteil desjenigen, der sich derselben bedient hat.
203
Von der Willenserklärung ist die Wissenserklärung zu unterscheiden, die nicht auf die Verwirklichung eines rechtsgeschäftlichen Willens gerichtet ist, sondern sich bloß als eine (richtige oder auch falsche) Nachricht über Tatsachen darstellt.
204
Im Folgenden sollen die wichtigsten Arten von Rechtsgeschäften im Überblick dargestellt werden:
205
Verträge kommen regelmäßig nur durch Willensübereinstimmung zustande. Dieser Umstand bedingt es auch, dass regelmäßig zumindest zwei Parteien an einem Vertrag beteiligt sein müssen, da sonst eine Willensübereinstimmung nicht möglich ist.
206
Als Beispiele, bei denen bereits durch eine einseitige Willenserklärung ein Rechtsgeschäft zustande kommen kann, sind die Bevollmächtigung (s dazu Rz 73 ff) oder die letztwillige Verfügung anzuführen. Gleiches gilt etwa auch für die Auslobung, bei der durch öffentliche Bekanntmachung für die Erbringung einer Leistung oder eines Erfolges eine entsprechende Belohnung in Aussicht gestellt wird (§ 860 ABGB).
207
Auch wenn für das Zustandekommen eines Vertrages regelmäßig die Willensübereinstimmung der am Vertrag beteiligten Parteien notwendig ist, sind dadurch noch nicht zwangsläufig alle Beteiligten verpflichtet. So ist beispielsweise die Schenkung zwar ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das jedoch nur einseitig verpflichtend wirkt, da lediglich der Schenkende zu einem aktiven Tun, nämlich der Geschenkübergabe, verpflichtet ist (§§ 938 ff ABGB). Einseitig verpflichtende Rechtsgeschäfte sind im Rechtsverkehr sind im Rechtsverkehr die Ausnahme; von weitaus größerer praktischer Bedeutung sind mehrseitig verpflichtende Rechtsgeschäfte, in denen sich die Vertragsparteien gegenseitig verpflichten und somit jeder der Vertragspartner zugleich Gläubiger und Schuldner ist (zB Kauf, Tausch, Werkvertrag, Miete).
208
Die Zuordnung zu einem dieser drei Geschäftstypen entscheidet über die Anwendung spezieller Rechtsnormen, durch die der Gesetzgeber den unterschiedlichen Schutzbedürfnissen der am Geschäft beteiligten Personen Rechnung trägt. Schließen zwei Private einen Vertrag, sind auf dieses Privatgeschäft regelmäßig die Vorschriften des ABGB anzuwenden.
209
Geschäfte, die zwischen Unternehmern iSd KSchG und Nichtunternehmern abgeschlossen werden, werden als Verbrauchergeschäfte bezeichnet, die den speziellen Normen des KSchG unterliegen und dem beteiligten Nichtunternehmer besondere Schutzrechte zugestehen.
210
Maßgeblich für das Vorliegen eines Verbrauchergeschäftes ist daher, dass auf der einen Seite ein Unternehmer und auf der anderen Seite ein Nichtunternehmer bzw Verbraucher als Vertragspartei auftritt. Als Unternehmer gilt dabei jemand, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört, als Verbraucher jemand, für den dies nicht zutrifft (§ 1 Abs 1 KSchG). Gesetzlich definiert wird dabei der Begriff des Unternehmens. Dabei handelt es sich um jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein; juristische Personen des öffentlichen Rechtes gelten immer als Unternehmer (§ 1 Abs 2 KSchG).
Die Tätigkeit ist auf Dauer angelegt, wenn sie auf den Abschluss einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften gerichtet ist, selbst wenn dies innerhalb einer von vornherein begrenzten Zeit erfolgen sollte.
Die Tätigkeit erfolgt selbständig, wenn rechtlich unabhängig und eigenverantwortlich gehandelt wird. Entscheidend ist, dass der Handelnde selbst das Unternehmerwagnis trägt.
Die Tätigkeit ist wirtschaftlicher Art, wenn wirtschaftlich werthaltige Leistungen am Markt gegen Entgelt angeboten werden; auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kommt es hierfür kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung allerdings nicht an.
Die Tätigkeit muss im Rahmen einer Organisation betrieben werden, also eines Ordnungssystems, dass darauf gerichtet ist, ein bestimmtes Ziel unter rationalem Einsatz zweckdienlicher Mittel nachhaltig zu verfolgen.
Im Ergebnis liegt ein Unternehmen daher dann vor, wenn planmäßig unter Einsatz materieller und immaterieller Mittel, in der Regel III1l<C)r Mitwirkung einer arbeitsteilig kooperierenden Personengruppe, ,auf einem Markt laufend wirtschaftlich werthafte Leistungen gegen Entgelt angeboten und erbracht werden. Von Bedeutung ist noch, daß jene Geschäfte, die eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebes ihre Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen dafür tätigt (Vorbereitungsgeschäfte), noch nicht die Unternehmereigenschaft begründen (§ 1 Abs 3 KSchG).
211
Ist zumindest ein Unternehmer iSd §§ 1 bis 3 UGB (s dazu Rz 526 ff), für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört, oder ohne juristische Person des öffentlichen Rechts an einem Geschäft beteiligt, so liegt ein unternehmensbezogenes Geschäft vor und das Vierte Buch des UGB kommt zur Anwendung (s dazu Rz 572 ff).
212
Verpflichtet sich ein Vertragspartner zu einer Leistung im Rahmen eines Vertrages, handelt es sich um ein Verpflichtungsgeschäft. Durch dieses werden Pflichten begründet, die erst in der Folge zu erfüllen sind.
213
Verfügungsgeschäfte wirken unmittelbar auf ein bestehendes Recht ein, indem sie es übertragen, aufheben oder beschränken. So bedarf etwa die Übertragung des Eigentums an einer Sache neben dem Verpflichtungsgeschäft (zB Kaufvertrag) auch eines entsprechenden Verfügungsgeschäftes (zB Übergabe oder Eintragung im Grundbuch).
214
Sowohl Verpflichtungsgeschäfte als auch Verfügungsgeschäfte können abstrakt oder kausal sein. Verpflichtungsgeschäfte sind kausal, wenn aus ihnen der damit verfolgte wirtschaftliche Zweck abgeleitet werden kann. Besteht also ein erkennbarer Zusammenhang /wischen einem Leistungsversprechen (zB zur Zahlung von € 100,-) lind dem Anlass der Verpflichtung (zB als Gegenleistung für ein Werk), so handelt es sich um ein kausales Verpflichtungsgeschäft. Kann ein derartiger kausaler Zusammenhang nicht hergestellt werden, liegt ein abstraktes Verpflichtungsgeschäft vor. Derartige Verpflichtungsgeschäfte sind grundsätzlich als unwirksam anzusehen (vgl § 937 /\HGB). Dies vor allem deshalb, da ansonsten auch gesetzeswidrige Rechtsgeschäfte durch Klage durchgesetzt werden könnten (Ausnahme: zB Wechselbegebung, s dazu Rz 808 ff).
215
Verfügungsgeschäfte sind kausal, wenn sie in ihrer Wirksamkeit von einem gültigen Rechtsgrund abhängig sind; andernfalls sind sie abstrakt. So verlangt etwa § 380 ABGB für den wirksamen Eigentumserwerb nicht nur die Übergabe der Sache, sondern auch einen gültigen Rechtsgrund (s dazu Rz 143).
216
Zielschuldverhältnisse sind auf die Erbringung einer einmaligen Leistung und nicht auf ein dauerndes oder wiederkehrendes Verhalten gerichtet. Mit der vertragsmäßigen Erfüllung der geschuldeten Leistung ist idR die Schuldverpflichtung aus einem Zielschuldverhältnis erloschen (zB Kauf, Tausch oder Schenkung).
217
Bei Dauerschuldverhältnissen wird ein andauerndes bzw laufend wiederkehrendes Verhalten geschuldet. Die Leistungserbringung des Schuldners hat bei einem Dauerschuldverhältnis idR nicht die Auflösung des Vertrages zur Folge; der Vertrag läuft solange weiter, bis er etwa durch Zeitablauf, Kündigung oder einvernehmliche Auflösung beendet wird. Zu beachten ist, dass bei Dauerschuldverhältnissen grundsätzlich eine Auflösung aus wichtigem Grund möglich ist (außerordentliches Kündigungsrecht). Typische Dauerschuldverhältnisse werden ua durch Arbeits-, Miet- oder Stromlieferungsverträge begründet. Sofern bei diesen oder anderen Dauerschuldverhältnissen keine Wertsicherungsklauseln vereinbart sind, ist vom Geldschuldner grundsätzlich lediglich der jeweils vereinbarte Nominalbetrag zu erbringen.
218
Wer einen Vertrag abschließen will, muss dies kundtun. Regelmäßig erfolgt dabei die entsprechende Kundgabe durch ein Angebot (Offerte) des Anbietenden (Offerent), das einer Annahme durch den Angebotsempfänger (Oblat) bedarf, damit ein Vertrag zustande kommen kann (§ 861 ABGB). Im Übrigen ist zu beachten, dass die an einem Rechtsgeschäft beteiligten Personen einen Geschäftswillen jeweils nur im Rahmen ihrer Geschäftsfähigkeit (Rz 43 ff) entwickeln können. Weiters müssen Willenserklärungen, die im Hinblick auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts abgegeben werden, ernst gemeint und frei von Irrtum, List und Zwang sein. Überdies hat der Inhalt eines Rechtsgeschäfts möglich und erlaubt zu sein. Gelegentlich sind schließlich im Einzelfall auch besondere Formvorschriften zu beachten.
219
Der Inhalt eines Angebotes muss derart gestaltet sein, dass alle wesentlichen Angaben enthalten sind, die es dem Angebotsempfänger ermöglichen, durch die bloße Erklärung des Einverständnisses das Angebot annehmen zu können (hinreichende inhaltliche Bestimmtheit). Es müssen also zumindest die Mindestbestandteile der angestrebten Vereinbarung dargelegt sein; idR genügt dafür auch die bloße Bestimmbarkeit der Hauptleistungspflichten (zB würde die Bezugnahme auf einen "Listenpreis" ausreichend sein).
220
Erforderlich ist überdies das Vorliegen eines entsprechenden Bindungswillens des Erklärenden. Mangels eines hinreichenden Bindungswillens sind etwa ein Zeitungsinserat, ein Versandhauskatalog oder ausgestellte Waren in einer Auslage grundsätzlich nicht als Angebote zu qualifizieren; es handelt sich bei diesen und ähnlichen Fällen idR lediglich um bloße Aufforderungen an Dritte, ihrerseits ein entsprechendes Angebot zu stellen. Hingegen entfalten Realofferte (zB Zusenden unbestellter Waren) sehr wohl einen entsprechenden Bindungswillen des Offerenten. Bei unbestellten Zusendungen ist zu beachten, dass ein bloßes Behalten, Verwenden oder Verbrauchen nicht als Annahme gilt; der Empfänger ist auch nicht verpflichtet, die Sache zu verwahren oder zurückzuleiten, er darf sich ihrer auch entledigen. Ist die Sache allerdings irrtümlich an ihn gelangt und musste ihm dies auffallen, so hat er dies in angemessener Frist dem Absender mitzuteilen oder die Sache an diesen zurückzuleiten (§ 864 Abs 2 ABGB).
221
Mit Zugang des Angebotes an den Angebotsempfänger entfaltet das Angebot seine Bindungswirkung. Während der Dauer der Bindungswirkung ist es dem Anbietenden nicht möglich, das Angebot zu widerrufen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Bindungswirkung sofern diese vom Anbietenden nicht ausdrücklich zeitlich bestimmt ist grundsätzlich die Zeitspanne der Übermittlungsdauer an den Angebotsempfänger inklusive einer hinreichenden Überlegungsfrist umfasst; ein unter Anwesenden oder per Ferngespräch gemachtes Angebot bindet nur während der Verhandlungsdauer (§ 862 ABGB).
222
Wird ein Angebot mit dem Hinweis "freibleibend", "unverbindlich" oder "ohne obligo" gekennzeichnet, handelt es sich nur mehr begrifflich, aber nicht rechtlich um ein Angebot, da es keine verbindliche Wirkung hat und dementsprechend keine direkten Rechtsfolgen ableitbar sind.
223
Ist der Epfänger mit dem Angebot einverstanden, kann er durch eine entsprechende Willenserklärung das Angebot annehmen; die Ablehnung eines Angebotes beendet dessen Bindungswirkung, so dass das Angebot erlischt. Von Bedeutung ist, dass sich die Annahme mit dem Angebot vollinhaltlich decken muss (Konsens); wenn dies nicht der Fall ist, kommt ein Vertrag nicht zustande (Dissens). Wird ein Angebot nicht vollinhaltlich angenommen, sondern mit einer oder mehreren Änderung(en) (in den Haupt- oder Nebenpunkten) versehen, gilt das Angebot noch nicht als angenommen. Vielmehr führen derartige Modifizierungen zu einem Gegenangebot, das eine Annahme des ursprünglichen Angebotserstellers erforderlich macht, um ein Vertragsverhältnis entstehen zu lassen.
224
Die Annahme kann - wie grundsätzlich jede Willenserklärung - 224 entweder ausdrücklich durch mündliche oder schriftliche Mitteilung oder auch durch eine schlüssige Handlung des Angebotsempfängers erfolgen (§ 863 ABGB).
225
Eine Sonderform der Annahme ist jene durch Willensbetätigung. Hierbei ist keine ausdrückliche Erklärung der Annahme notwendig, vielmehr wird durch eine entsprechende Erfüllungshandlung der Vertrag direkt geschlossen (vgl § 864 Abs 1 ABGB). Diese Form der Annahme hat insbes für das Versandgeschäft große praktische Bedeutung, bei welchem der Besteller von Versandwaren grundsätzlich keine gesonderte Annahmeerklärung des Verkäufers, sondern vielmehr die umgehende Lieferung der Bestellung erwartet; durch diese wird das Rechtsgeschäft perfekt.
226
Aus dem Stillschweigen des Angebotsempfängers kann grundsätzlich keine für eine rechtsgültige Annahme eines Angebotes notwendige Willenserklärung abgeleitet werden; auch dann nicht, wenn der Angebotsersteller dem Angebot eine diesbezügliche Klausel (zB "bei Stillschweigen gilt das Angebot als angenommen") beigefügt hat.
227
Größere Unternehmen legen in ihrem täglichen Geschäftsverkehr eine 227 Vielzahl von Angeboten, für die sie aus Spezialisierungs- und/oder Rationalisierungsgründen einheitliche, aber im Regelfall sehr umfangreiche Regelungsschablonen, Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), entwickeln. Rechtskraft entfalten derartige AGB nur dann, wenn deren Geltung vereinbart wird. Bei Annahme eines Angebotes mit einem Hinweis auf die AGB (zB durch Aushang im Geschäftslokal) werden diese grundsätzlich zum Vertragsinhalt.
228
Allerdings unterliegen auch AGB den gesetzlichen Vorschriften, weshalb nicht automatisch alle in AGB vereinbarten Klauseln bei Annahme des Angebotes auch tatsächlich Rechtskraft entfalten. So hilben etwa ungewöhnliche nachteilige Bestimmungen, mit deren Geltung nicht zu rechnen ist, gem § 864a ABGB oder gröblich benachteiligende Nebenabreden gem § 879 Abs 3 ABGB keine bindende Wirkung.
229
Für Verbrauchergeschäfte (s dazu Rz 209 f) sind im KSchG im Interesse einer Vertragskontrolle Vorschriften normiert, die erfüllt sein müssen, damit Vertragsbestimmungen im Allgemeinen bzw in AGB im Besonderen ihre Wirkung entfalten können (vgl § 6 Abs 1 und 2 KSchG). Im Übrigen normiert § 6 Abs 3 KSchG, dass eine in den AGB enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam ist, wenn sie unklar oder unverständlich formuliert ist. Außerdem ist in § 28 Abs 3 KSchG angeordnet, das der Verwender von AGB diese einer nach § 29 KSchG klagebefugten Einrichtung - zB dem ÖGB oder dem VKI - auf deren Verlangen binnen vier Wochen auszufolgen hat, sofern diese Einrichtung glaubhaft macht, das deren Kenntnis zur Wahrnehmung der Interessen von Verbrauchern erforderlich ist.
230
Auf Verbrauchergeschäfte (s dazu Rz 209 f), die unter ausschließlicher Verwendung eines oder mehrerer Fernkommunikationsmittel (zB durch Katalog, per Telefon, über das Internet) abgeschlossen werden ("Fernabsatz"), kommen die Sonderbestimmungen der §§ 5a ff KSchG zur Anwendung. Der Verbraucher soll durch diese Bestimmungen zum einen durch umfassende Informationspflichten des Unternehmers geschützt werden. So muss der Verbraucher etwa vor Abgabe seiner Willenserklärung ua über den Namen des Unternehmers, die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung und deren Preis, über allfällige Lieferkosten, über die Einzelheiten der Zahlung und der Lieferung, über die Gültigkeitsdauer des Angebots bzw Preises sowie über die Mindestlaufzeit des Vertrages informiert werden (§ 5c Abs 1 KSchG). Diese Informationen sowie Informationen über die Bedingungen der Ausübung des Rücktrittsrechtes gem § 5e KSchG (s dazu Rz 231) müssen dem Konsumenten schriftlich bestätigt werden.
231
Zum anderen ist dem Verbraucher als Käufer im Fernabsatz ein generelles Rücktrittsrecht eingeräumt, das er ohne Angabe von Gründen ausüben kann. Die Rücktrittsfrist beträgt grundsätzlich sieben Werktage und beginnt bei Verträgen über die Lieferung von Waren mit dem Tag ihres Eingangs beim Verbraucher bzw bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen mit dem Tag des Vertragsabschlusses (§ 5e Abs 1 und 2 KSchG). Sofern der Unternehmer seinen Informationspflichten (s dazu Rz 230) nicht ausreichend nachgekommen ist, beträgt die Rücktrittsfrist drei Monate (§ 5e Abs 3 KSchG). Dieses Rücktrittsrecht besteht allerdings zB dann nicht, wenn ein Vertrag über Dienstleistungen abgeschlossen wurde, mit deren Ausführung vereinbarungsgemäß bereits innerhalb der Rücktrittsfrist von sieben Werktagen ab Vertragsabschluss begonnen wurde (§ 5f Z 1 KSchG). Von Bedeutung ist schließlich auch, dass gem § 5i KSchG der Unternehmer eine von ihm angenommene Bestellung des Verbrauchers spätestens 30 Tage nach dem auf die Übermittlung der Bestellung folgenden Tag auszuführen hat, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist.
232
Im Rahmen des E-Commerce-Gesetzes (ECG) finden sich besondere Regelungen, die den Risiken und Gefahren der Bestellung über eine Website entgegenwirken sollen. So hat ein Diensteanbieter einen Nutzer vor Abgabe seiner Vertragserklärung über die in § 9 Abs 1 und 2 ECG genannten Belange zum Vertragsabschluss (zB Angaben zum technischen Ablauf des Vertragsabschlusses) zu informieren. Ferner müssen dem Nutzer angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung gestellt werden, mit denen er Eingabefehler vor Abgabe der Vertragserklärung erkennen und berichtigen kann; der Zugang einer elektronischen Vertragserklärung ist dem Nutzer unverzüglich elektronisch zu bestätigen (§ 10 Abs 1 und 2 ECG). Die genannten Verpflichtungen können gem § 10 Abs 3 ECG zum Nachteil von Verbrauchern nicht abbedungen werden; sie gelten allerdings nicht für Verträge, die ausschließlich im Wege der elektronischen Post oder eines damit vergleichbaren individuellen elektronischen Kommunikationsmittels abgeschlossen werden.
233
Wie bereits ausgeführt, besteht eine der wesentlichsten Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Vertragsverhältnisses in der Willensübereinstimmung der Vertragsparteien, wobei die Willenserklärungen insbes frei von Irrtum, List und Zwang sein müssen. Liegt ein Willensmangel vor, wird dadurch die Rechtskraft eines Vertrages berührt, was bis zur Beseitigung eines Vertrages führen kann. Zu den Willensmängeln zählen neben Irrtum, List und Zwang auch die "Überrumpelung" und die Verkürzung über die Hälfte.
Der in der Praxis am häufigsten vorkommende Willensmangel ist wohl der Irrtum. Unter einem Irrtum wird generell das Vorliegen einer falschen Vorstellung von der Wirklichkeit verstanden. Während zur Klärung der Frage, ob Konsens bzw Dissens vorliegt, lediglich die abgegebenen Erklärungen miteinander verglichen werden, ist im Unterschied dazu beim Irrtum zu prüfen, ob die von einer Person abgegebene Erklärung von ihrem wirklichen Willen abweicht oder nicht.
Nicht jeder Irrtum führt ohne weiteres zur Anfechtbarkeit eines Vertrages. Zunächst ist zwischen dem Motiv-, Erklärungs- und Geschäftsirrtum zu unterscheiden.
236
Beim Motivirrtum herrscht eine falsche Vorstellung bezüglich des Beweggrundes, aus dem heraus die Entscheidung zum Vertragsabschluss erfolgte (zB Kauf eines Buches, um damit einem Freund eine Freude zu bereiten, dieser hat das Buch jedoch bereits). Motivirrtümer sind grundsätzlich nicht dazu geeignet, einen Vertrag wegen Irrtums anzufechten. Ausnahmen gelten jedoch insbes bei unentgeltlichen Geschäften sowie bei letztwilligen Verfügungen. Unter ganz besonderen Voraussetzungen kann selbst ein Motivirrtum bei entgeltlichen Geschäften beachtlich werden: Haben sich nämlich die typischen Geschäftsvoraussetzungen in einem Ausmaß geändert, mit welchem die Vertragsparteien objektiv nicht rechnen konnten, und ist dieser Umstand nicht der Risikosphäre der Vertragsparteien zuzurechnen, so ist von einem Fortfall der Geschäftsgrundlage auszugehen, weiche auf den Bestand des Vertrages rückwirkt (zB Ausbruch von Unruhen oder kriegerischen Ereignissen). Des Weiteren ist zu beachten, dass dann, wenn ein Motiv zum Geschäftsinhalt erhoben wird, sich der Irrtum über ein solches Motiv als rechtserheblicher Geschäftsirrtum (s dazu Rz 238) darstellt (zB Kauf des Buches unter der ausdrücklichen Bedingung, dass es der Freund noch nicht hat). Bezüglich der in der Praxis so bezeichneten Kalkulationsirrtümer gilt Folgendes: Sofern jemand die von ihm zu tragenden Kosten bzw den von ihm zu tätigenden Aufwand falsch einschätzt, liegt grundsätzlich ein unerheblicher Motivirrtum vor; wenn jedoch die Kalkulationsgrundlagen zum Vertragsinhalt gemacht wurden oder wenn es hinsichtlich des vereinbarten Preises lediglich zu einem Verschreiben, Verrechnen oder Versprechen kommt, liegt ein Geschäfts- bzw Erklärungsirrtum vor.
237
Ein Erklärungsirrtum liegt immer dann vor, wenn der Erklärende irrtümlich etwas anderes erklärt, als er zu erklären glaubt (zB jemand verspricht oder verschreibt sich), oder gar nicht erkennt, dass er eine Erklärung abgegeben hat. Ein Erklärungsirrtum liegt freilich dann nicht vor, wenn sich die Vertragsparteien lediglich bezüglich der korrekten Bezeichnung täuschen, aber sehr genau wissen, was eigentlich gemeint ist; es liegt dann nur eine unbeachtliche Fehlbezeichnung und keine Fehlvorstellung vor.
238
Ein Geschäftsirrtum liegt vor, wenn der Erklärende zwar die richtige Vorstellung von seiner Äußerung hat, sich aber über die Natur des Geschäftes (zB jemand glaubt, es liegt ein unentgeltlicher Leihvertrag vor, in Wirklichkeit ist jedoch ein entgeltlicher Mietvertrag vorgesehen), den Gegenstand des Geschäftes (zB jemand meint, ein echtes Bild eines berühmten Malers gekauft zu haben, in Wirklichkeit stammt dieses jedoch von einem begabten Hobbymaler) oder über eine für das Geschäft bedeutsame Eigenschaft in der Person des Geschäftspartners (zB wenn dieser nicht über die für die Ausübung des Berufes eines Installateurs erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt) irrt.
239
Voraussetzung für die Irrtumsanfechtung bei Erklärungs- und Geschäftsirrtümern ist, dass der Irrtum entweder vom Vertragspartner veranlasst wurde (zB der Vertragspartner hat unrichtige Auskünfte erteilt), der Vertragspartner den Irrtum hätte erkennen können (zB jemand bietet für eine vermeintlich echt antike Vase einen auffallend hohen Preis) oder der Irrtum rechtzeitig aufgeklärt wurde (damit ist gemeint, dass der Partner des Irrenden noch keine vermögenswerten Dispositionen im Vertrauen auf den Vertragsabschluss vorgenommen hat).
240
Bei Vorliegen einer der genannten Voraussetzungen kann der Irrtum zur Anfechtung bzw zur Anpassung des Vertrages führen. Liegt ein wesentlicher Irrtum vor (dh, das Geschäft wäre ohne Irrtum überhaupt nicht zustande gekommen), kann es zu einer Vertragsanfechtung und damit zur Aufhebung des Vertrages kommen. Ist der Irrtum hingegen unwesentlich (dh, der Vertrag wäre ohne Irrtum mit einem anderen Inhalt abgeschlossen worden), ist lediglich eine Adaptierung des Vertrages denkbar.
241
Irrtümer müssen innerhalb von drei Jahren ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gerichtlich geltend gemacht werden (§ 1487 ABGB).
242
Gem § 870 ABGB ist derjenige, der von einem anderen durch List (bewusste Irreführung) zu einem Vertrag veranlasst wurde, an den Vertrag nicht gebunden. Der Überlistete hat dadurch die Möglichkeit, den gesamten Vertrag (und nicht bloß einen Teil) zu beseitigen und kann darüber hinausgehend gem § 874 ABGB einen Schadenersatzanspruch gegen den Überlistenden geltend machen. Selbst dann, wenn das listige Verhalten lediglich die Motivation zum Geschäftsabschluss betreffen sollte, kommt die Rechtsfolge des § 870 ABGB zum Tragen (§ 871 Abs 2 ABGB).
243
Das listige Verhalten eines Dritten berührt die Gültigkeit dos Rechtsgeschäfts grundsätzlich nicht; der Dritte kann jedoch schadenersatzpflichtig werden (§ 875 ABGB).
244
Für die Geltendmachung der List gilt eine Frist von 30 Jahren.
245
Wer durch "ungerechte und gegründete Furcht" unter Zwang bzw Drohung einen Vertrag abschließt, unterliegt keinem Irrtum, hat aber seinen Entschluss nicht freu gefasst und ist gem § 870 ABGB an den Vertrag gebunden. Die Bedrohung muß dabei eine begründete Furcht auslösen, die nach der Wahrscheinlichkeit der Gefahr sowie nach der Art der Bedrohung zu beurteilen ist. Darüber hinaus muss die Drohung im direkten (kausalen) Zusammenhang zum Vertragsabschluss stehen. Wäre der Vertrag auch ohne Zwang abgeschlossen worden, kann der Bedrohte die Drohung nicht einwenden.
246
Da grundsätzlich nur widerrechtliche Drohungen die Rechtswirkung des § 870 ABGB auslösen, stellt sich etwa die Androhung der Einbringung einer Klage gegenüber einem Schädiger, der keinen Ersatz leisten will, als zulässig dar.
247
Die von einem Dritten erfolgte Drohung berührt die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts grundsätzlich nicht; der Dritte kann jedoch schadenersatzpflichtig werden (§ 875 ABGB).
248
Für die Geltendmachung einer Drohung ist eine Frist von drei Jahren vorgesehen (§ 1487 ABGB).
249
Das KSchG sieht für bestimmte Willenserklärungen, die häufig unbedacht (und nicht unbedingt irrtümlich) abgegeben werden, besondere Regelungen vor.
250
Handelt es sich um ein Verbrauchergeschäft (s dazu Rz 209 f), das nicht in den vom Unternehmer dauernd benutzten Räumlichkeiten abgeschlossen wurde (zB bei einem "Hausbesuch" oder einer Werbefahrt), kann der Konsument das von ihm ausgesprochene Kaufangebot, das noch nicht angenommen wurde, ohne zeitliche Befristung widerrufen.
251
Sofern bereits ein Vertrag zustande gekommen ist und der Käufer durch eine ihm ausgehändigte Urkunde sowohl über seine Rechte insbes sein Rücktrittsrecht - als auch über den Namen und die Anschrift des Vertragspartners sowie über den wesentlichen Vertragsinhalt aufgeklärt wurde, kann der Konsument innerhalb einer Woche vom Vertrag zurücktreten (§ 3 Abs 1 KSchG). Diese Frist beginnt ab dem Zeitpunkt der Aushändigung der Urkunde, frühestens jedoch mit dem Zustandekommens des Vertrages zu laufen.
252
Hat der Unternehmer eine derartige Urkunde nicht ausgehändigt, so besteht das Rücktrittsrecht zeitlich unbefristet; bei Versicherungsverträgen erlischt das Rücktrittsrecht allerdings spätestens einen Monat nach dem Zustandekommen des Vertrages (§ 3 Abs 1 KSchG). Das Rücktrittsrecht muss jedenfalls schriftlich ausgeübt werden; entscheidend ist die Rechtzeitigkeit der Absendung (§ 3 Abs 4 KSchG).
253
Diese Rücktrittsmöglichkeit vom Vertrag gem § 3 KSchG kann einzelvertraglich nicht abbedungen werden (zwingendes Recht).
254
Zu beachten ist, dass die Ausübung des Rücktrittsrechts dann nicht in Frage kommt, wenn der Konsument das Geschäft selbst angebahnt hat (§ 3 Abs 3 Z 1 KSchG; zB jemand reagiert auf eine Annonce eines Unternehmens und bestellt einen Verkaufsberater zu sich nach Hause). Auch bei sofort zu erfüllenden Geschäften, die üblicherweise außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden und bei denen das Entgelt € 15,- nicht übersteigt, ist ein Rücktritt nicht möglich (zB Zeitungskauf); Gleiches gilt schließlich dann, wenn das Unternehmen seiner Natur nach nicht in ständigen Geschäftsräumen betrieben wird und das Entgelt maximal € 45,- beträgt (§ 3 Abs 3 Z 3 KSchG; zB Beförderungsvertrag mit einem Taxiunternehmen).
255
Bemerkenswert ist überdies, dass im Fall des Immobilienkaufes bzw der Immobilienmiete, wenn durch diese Rechtsgeschäfte ein "dringendes Wohnbedürfnis" befriedigt wird, ein einwöchiges Rücktrittsrecht des Verbrauchers besteht, das ohne weitere Voraussetzungen ausgeübt werden kann (§ 30a KSchG).
Wenn bei zweiseitig verbindlichen Geschäften ein Teil nicht einmal 281 die Hälfte dessen, was er dem anderen gegeben hat, von diesem an gemeinem Wert erhalten hat, wird dem verletzten Teil das Recht eingeräumt, die Aufhebung des Vertrages und die Herstellung des vorigen Zustands zu fordern (§ 934 ABGB). Dh, wenn Leistung und Gegenleistung in einem derartigen Missverhältnis zueinander stehen, dass ein Vertragsteil nicht einmal 50 % vom gemeinen Wert seiner Leistung als Gegenleistung erhält, kann dieser das Geschäft wegen Verkürzung über die Hälfte anfechten. Der Vertragspartner kann aber dadurch das Geschäft aufrecht erhalten, dass er die Differenz auf den gemeinen Wert ersetzt.
257
§ 934 ABGB stellt zwingendes Recht dar. Allerdings ist eine Anfechtung wegen Verkürzung über die Hälfte ua dann nicht möglich, wenn dem Verkürzten der Wert der Sache bekannt ist oder sie von ihm auf Grund besonderer Vorliebe erworben wird (§ 935 ABGB). Außerdem kann die Anwendung des § 934 ABGB zulasten eines Unternehmers vertraglich ausgeschlossen werden (§ 351 UGB; s dazu Rz 573).
258
Gem § 1487 ABGB besteht für die Geltendmachung der laeslo enormis eine Verjährungsfrist von drei Jahren.
259
Unter bestimmten Voraussetzungen können Rechtsgeschäfte nichtig sein. Dabei wird generell zwischen den Fällen der absoluten und jenen der relativen Nichtigkeit unterschieden.
260
Als absolut nichtig sind Rechtsgeschäfte anzusehen, welche gegen Gesetzte verstoßen, die den Zweck haben, Allgemeininteressen bzw. die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu schützen- Auf die absolute Nichtigkeit kann sich grundsätzlich jedermann berufen, ohne dass dazu eine besondere Anfechtung erforderlich wäre. Eine zeitliche Begrenzung zur Geltendmachung besteht nicht. Absolut nichtig sind etwa Verträge, die von nicht ausreichend Geschäftsfähigen oder von Personen, denen die Vertretungsmacht fehlt, abgeschlossen wurden. Regelmäßig führen darüber hinaus die Verletzung von Formvorschriften sowie dem Grunde nach die meisten Fälle der Gesetz- und Sittenwidrigkeit iSv § 879 ABGB (s dazu Rz 262 ff) zur absoluten Nichtigkeit; auch im Fall der ursprünglichen Unmöglichkeit (s dazu Rz 267) kann eine wirksame Vereinbarung nicht zustande kommen.
261
Sofern hingegen gegen Regelungen verstoßen wird, die lediglich zum Schutz eines der Vertragspartner erlassen wurden, liegt ein Fall der relativen Nichtigkeit vor. Die relative Nichtigkeit kann immer nur von demjenigen geltend gemacht werden, der durch die jeweilige Nichtigkeitsanordnung geschützt ist. Dazu zählt etwa der Wucher sowie die Unwirksamkeit von grob benachteiligenden Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem § 879 Abs 3 ABGB (s dazu Rz 228). Die relative Nichtigkeit eines Vertrages kann grundsätzlich innerhalb von 30 Jahren geltend gemacht werden.
162
In § 879 Abs 1 ABGB ist normiert, dass ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, nichtig ist.
263
Allerdings führen nicht alle Gesetzesverstöße zwangsläufig zur Nichtigkeit eines Vertrages. Es gilt diesbezüglich zwischen Abschlussverboten und Inhaltsverboten zu differenzieren. Abschlussverbote beziehen sich auf die Art und Weise des Zustandekommens eines Geschäftes. Sie bewirken regelmäßig keine Nichtigkeit eines unter Missachtung der entsprechenden Vorschrift abgeschlossenen Vertraqes, sondern ziehen allenfalls schadenersatz- oder verwaltungsrechtliehe Sanktionen nach sich (zB Verkauf von Waren nach dem gesetzlichen Geschäftsschluss).
264
Wird allerdings gegen Verbote verstoßen, die den Inhalt der rechtsgeschäftlichen Willenserklärung betreffen (Inhaltsverbote), wirkt sich das auf die Gültigkeit des Gesamtvertrages aus (zB Verkauf von verbotenen Drogen).
265
Eine Reihe solcher gegen Inhaltsverbote verstoßender Vereinbarungen wird in § 879 Abs 2 Z 1 bis 4 und § 879 Abs 3 ABGB präzisiert. Der in der Praxis bekannteste dieser ausdrücklich geregelten Fälle ist der des Wuchers: Ein Vertrag ist gem § 879 Abs 2 Z 4 ABGB dann nichtig, wenn jemand den Leichtsinn, die Zwangslage, die Vorstandesschwäche, die Unerfahrenheit oder die Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich oder einen Dritten für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen lässt, deren Vermögenswert zu dem Wert der Leistung in einem auffallenden Missverhältnis steht. Da der Wuchertatbestand durch seine Formulierung eine Ähnlichkeit zu den Willensmängeln aufweist, ist davon auszugehen, dass es vom Bewucherten abhängt, ob er den Vertrag zur Auflösung bringt oder nicht (relative Nichtigkeit).
266
Schwerer zu fassen ist hingegen der Begriff der guten Sitten. Generell gesprochen kann man darunter jene Rechtsnormen verstehen, die im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen sind, sich jedoch aus einer richtigen Betrachtung der rechtlichen Interessen der Vertragspartner ergeben. Als sittenwidrig sind insbes vertragliche Bestimmungen anzusehen, durch welche es zu massiven Einschränkungen der persönlichen Freiheit kommt (zB die Verpflichtung, seinen Beruf nie zu wechseln). Als sittenwidrig sind auch Knebelungsverträge anzusehen, durch welche etwa ein Vertragspartner den Dispositionen des anderen Teiles mehr oder weniger unbeeinflussbar ausgeliefert ist oder durch welche ein Vertragspartner auf übermäßig lange Dauer an den anderen gebunden wird.
267
Alles, was geradezu (und ursprünglich) unmöglich ist, kann nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages werden (zB Verkauf von sprechenden Ameisen). Dieses durchaus logische Prinzip findet in § 878 ABGB seinen Niederschlag. Ist sowohl Mögliches als auch Unmögliches bedungen, sind primär nur jene Teile des Vertrages als nichtig anzusehen, die sich auf das Unmögliche beziehen. Voraussetzung ist jedoch, dass das Mögliche vom Unmöglichen abgegrenzt werden kann.
268
Wer bei Abschluss des Vertrages die Unmöglichkeit kannte oder 268 kennen musste, sieht sich nicht nur mit der Nichtigkeit des Vertrages konfrontiert, sondern hat seinem Vertragspartner den Schaden zu ersetzen, den er durch das Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrages erlitten hat (Vertrauensschaden).
269
Im ABGB ist der Grundsatz der Formfreiheit von Verträgen verankert. Gem § 883 ABGB kann ein Vertrag mündlich oder schriftlich, vor Gericht oder außerhalb des Gerichtes, mit oder ohne Zeugen errichtet werden.
270
Die Formfreiheit von Verträgen erfährt jedoch insofern eine Einschränkung, als für gewisse Verträge oder Urkunden entweder die einfache oder die gerichtliche bzw notarielle Schriftform notwendig ist.
271
Mit Schriftlichkeit ist grundsätzlich die "Unterschriftlichkeit" (Leistung der Unterschrift am Vertrag durch die Parteien) gemeint (§ 886 ABGB). Die Schriftlichkeit iSv § 886 ABGB kann gem § 4 Abs 1 Signaturgesetz (SigG) auch durch eine „sichere elektronische Signatur“ herbeigeführt werden; ausgenommen davon sind jedoch ua Rechtsgeschäfte des Familien- und Erbrechts sowie Bürgschaftserklärungen (~ 4 Abs 2 SigG). Das SigG selbst dient dem Zweck der möglichst sicheren Zuordnung einer elektronischen Erklärung zu der als Absender bezeichneten Person; dieser Zwecksetzung dient ua die Erlassunq einer Reihe von Normen für "Zertifizierungsdiensteanbieter" (~§ 6 ff SigG) bzw die Installierung der behördlichen Aufsicht über diese durch die Telekom-Control-Kommission (§§ 13 ff SigG).
272:
Bei der gerichtlichen bzw notariellen Schriftform muss die Unterschrift der Parteien für die Rechtsgültigkeit des Rechtsgeschäftes gerichtlich oder notariell beglaubigt oder beurkundet werden.
273
Die Verletzung gesetzlicher Formvorschriften führt regelmäßig dazu, dass das vereinbarte Rechtsgeschäft nichtig ist. Allerdings gilt es dabei zu beachten, dass die in einem formungültigen Rechtsgeschäft vereinbarte Verbindlichkeit des Schuldners zwar nicht eingeklagt, sohr wohl aber rechtsgültig erfüllt werden kann; eine Rückforderung nach der Leistungserbringung ist ausgeschlossen (Naturalobligation; § 1432 ABGB).
274
Sofern im Zuge der Verhandlung eines Vertrages von den Verhandlungspartnern darin übereingestimmt wird, eine bestimmte Formvorschrift betreffend den Abschluss oder die Abänderung des in Aussicht genommenen Vertrages vorzusehen, so ist ihnen dies unbenommen (gewillkürte Form). Von derartigen gewillkürten Formregeln können die Vertragspartner im Einvernehmen wieder abweichen, wobei davon auszugehen ist, dass ein Abweichen regelmäßig auch lediglich in der mündlichen Form zulässig ist. Zu beachten ist, dass gem § (j Abs 1 Z 4 KSchG bei Verbrauchergeschäften (s dazu Rz 209 f) im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern für Erklärungen b/w Anzeigen des Kunden keine strengere Form als die Schriftform wirksam vereinbart werden kann.
275
Der Bereich der Willensmängel und Nichtigkeitsgründe bei Verträgen bezieht sich auf das fehlerhafte Zustandekommen eines Vertrages. Hingegen nehmen die Leistungsstörungen auf jene Fehler und Mängel Bezug, die bei der Erfüllung bzw Abwicklung eines mängelfrei mängelfrei errichteten Vertrages auftreten. Dabei kann zwischen den folgenden Arten von Leistungsstörungen unterschieden werden:
- Nachträgliche Unmöglichkeit,
- Schuldnerverzug (Leistungsverzug),
- Gläubigerverzug (Annahmeverzug),
- Gewährleistung
- Positive Vertragsverletzung
276
Die nachträgliche Unmöglichkeit einer vertraglich zugesicherten Leistung im Sinne einer Leistungsstörung ist nicht mit der Vereinbarung einer (ursprünglich) geradezu unmöglichen Leistung, die gem § 878 ABGB regelmäßig zur Nichtigkeit des Vertrages führt (dazu Rz 267 f), zu verwechseln. Vielmehr ist bei der nachträglichen Unmöglichkeit etwas grundsätzlich Mögliches vertraglich vereinbart, jedoch kann der verpflichtete Schuldner die Leistung nach dem Vertragsabschluss - endgültig - nicht erbringen (§§ 918 ff ABGB). Die verschiedenen, nachfolgend beschriebenen Fälle der Unmöglichkeit und deren gesetzliche Regeln beziehen sich nicht auf Geldschulden.
Bei Geldschulden, die endgültig nicht mehr getilgt werden können, greifen vor allem die Bestimmungen des Insolvenzrechts ein.
277
Wenn die Unmöglichkeit der Leistungserbringung in die Sphäre des Schuldners fällt - etwa in der Form, dass er die Unmöglichkeit verschuldet hat oder die Gefahr tragen musste (zB ein Gehilfe des Schuldners zerstört die Sache) -, hat der Gläubiger gem § 920 ABGB ein Wahlrecht. Zum einen hat er die Möglichkeit, am Vertrag festzuhalten, somit seine eigene Leistung zu erbringen und den Wert der unmöglich gewordenen Gegenleistung einzufordern. Dieser Austauschanspruch wird vom Gläubiger insbes bei jenen Geschäften gefordert werden, bei denen er sich seiner Gegenleistung in Form einer Ware entledigen möchte (zB beim Tausch).
278
Zum anderen kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten. In diesem Fall kann der Gläubiger den Differenzanspruch geltend machen, der sich aus dem Wert der vereitelten Schuldnerleistung abzüglich seiner nicht erbrachten Gegenleistung errechnet. Der Wertausgleich erfolgt regelmäßig in Form einer Geldleistung.
279
Für den Fall, dass der Gläubiger selbst die Leistung des Schuldners unmöglich macht, hat er seine (Gegen- )Leistung zu erbringen, ohne die geschuldete Leistung vom Schuldner zu erhalten. Dies gilt dann, wenn der Gläubiger die geschuldete Leistung nicht zeitgerecht entgegen nimmt (Annahmeverzug; s dazu Rz 292 ff) und die Sache zufällig zerstört wird, weiters, wenn der Gläubiger die Sache selbst zerstört, und schließlich dann, wenn der Gläubiger den vertraglich geschuldeten Erfolg selbst herbeiführt.
280
Gem § 1447 ABGB hebt der zufällige gänzliche Untergang einer bestimmten Sache jede Verbindlichkeit, auch die, den Wert der Sache zu vergüten, auf. Geht daher die geschuldete Sache zufällig unter, erlischt das Schuldverhältnis. Noch ausstehende Leistungen müssen nicht mehr erbracht werden und bereits Geleistetes ist zurückzugeben. Es soll damit der Zustand vor vertraglicher Verfügung über die zufällig untergegangene Sache wieder hergestellt werden.
281
Etwas Besonderes gilt dann, wenn der Leistungsgegenstand zwar zerstört, an dessen Stelle jedoch ein vermögenswerter Ersatz getreten ist (zB für das abgebrannte Holzhaus wird eine Versicherungssumme ausbezahlt). In diesen Fällen soll der Gläubiger die Möglichkeit erhalten, an Stelle der Vertragsauflösung den entsprechenden Gegenwert als Ersatz des ursprünglich Geschuldeten zu erlangen (stellvertretendes commodum).
282
Wenn der Schuldner seine geschuldete Leistung zum Fälligkeitszeitpunkt überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß auf die gehörige Art und Weise anbietet, sie aber grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt erbringen könnte, liegt ein Schuldnerverzug (Leistungsverzug) vor (§ 918 ABGB).
283
Zum Verzug führt demnach das Unterbleiben der geschuldeten Leistung zum Fälligkeitszeitpunkt, aber auch das Anbieten der Leistung in einer anderen als der vereinbarten Qualität oder Quantität. Verzug liegt aber ua auch dann vor, wenn die Leistung am falschen Ort angeboten wird. Dabei gilt, dass die Festsetzung des Erfüllungsortes grundsätzlich der Parteienvereinbarung vorbehalten ist. Liegt eine derartige Vereinbarung nicht vor, bestimmt sich der Erfüllungsort nach der Natur und dem Zweck des Geschäftes. Wenn auch der Zweck und die Natur des Geschäftes eine sichere Feststellung des Leistungsortes nicht zulassen, gilt, dass jeder Vertragsteil die von ihm zu erbringende Verpflichtung an seinem Wohnort bzw am Ort seiner geschäftlichen Niederlassung zu erfüllen hat (Holschuld; § 905 ABGB); möglich ist auch die Vereinbarung einer Bringschuld oder einer Schickschuld. Eine Geldschuld ist - sofern nichts anderes vereinbart ist - grundsätzlich eine qualifizierte Schickschuld, dh der Schuldner muss das Geld an die Adresse des Gläubigers abschicken und trägt überdies die Gefahr dafür, dass das Geld tatsächlich beim Gläubiger ankommt.
284
Was den Fälligkeitszeitpunkt für die Leistungserbringung betrifft, so gilt gem § 904 ABGB, dass dafür primär die vertragliche Vereinbarung und sekundär die Natur des Geschäftes ausschlaggebend sind. Sofern sich der Zeitpunkt der Leistungserbringung dadurch nicht ermitteln lässt, kann die Gegenleistung sofort gefordert werden. Gem § 1052 ABGB hat der Schuldner seine Leistung - sofern nichts anderes vereinbart ist - grundsätzlich Zug um Zug gegen Bewirkung der Gegenleistung zu erbringen. Wenn der Vertragspartner seine Leistung nicht erbringt und gleichzeitig die Bewirkung der Gegenleistung einfordert, kann ihm die Einrede des nicht erfüllten Vertrages entgegengehalten werden. Dies gilt freilich dann nicht, wenn den Vertragspartner eine Vorleistungspflicht (wie zB beim Darlehensvertrag) trifft; gem § 1052 Satz 2 ABGB besteht diesbezüglich lediglich die Möglichkeit einer Unsicherheitseinrede, durch welche im Fall der
sich verschlechterten Vermögenslage des Vertragspartners nur geleistet werden muss, wenn der Vertragspartner entweder seine Leistung erbringt oder zumindest eine Sicherstellung für deren Erbringung anbietet.
285
Trifft den Schuldner am Verzug der zu erbringenden Leistung kein Verschulden, liegt ein objektiver Schuldnerverzug vor. Auch wenn dem Schuldner kein Vorwurf am Verzug zu machen ist, wird er nicht aus der Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger entlassen. Der Gläubiger kann bei Verzug nach wie vor auf die Erfüllung des Vertrages bestehen und diesen Erfüllungsanspruch auch gerichtlich durchsetzen. Ist der Gläubiger hingegen an der Erfüllung nicht mehr interessiert, kann er von seiner Wahlmöglichkeit Gebrauch machen und statt der Geltendmachung des Erfüllungsanspruches unter ausdrücklicher Setzung einer angemessenen Nachfrist, in der der Schuldner seine Leistung noch erbringen könnte, vom Vertrag zurücktreten. Nützt der Schuldner die Nachfrist nicht, gilt der Vertrag als aufgelöst. Eine Nachfrist muss dann nicht eingeräumt werden, wenn eine Erfüllung nicht mehr zu erwarten ist (zB wenn der Schuldner ausdrücklich und nachweislich die spätere Erfüllung verweigert).
286
Bei geschuldeten Geldleistungen hat der Schuldner für den gesamten Verzugszeitraum Verzugszinsen zu bezahlen. Liegen keine gesonderten Vereinbarungen vor, kommen die gesetzlichen Zinssätze zur Anwendung; diese betragen gem § 1000 Abs 1 ABGB grundsätzlich 4 % pro Jahr. Bei der Verzögerung der Zahlung von Geldforderungen zwischen Unternehmern aus unternehmensbezogenen Geschäften beträgt der gesetzliche Zinssatz gem § 352 UGS acht Prozentpunkte über' dem von der OeNS verlautbarten so genannten "Basiszinssatz" (Stand mit Wirkung 11.10.2006: 2,67 %), im Wechsel- und Scheckrecht beträgt er 6 % (Art 48 Abs 1 Z 2 WG bzw Art 45 Z 2 SchG).
bc Subjektiver Schuldnerverzug
287
Ist der Schuldner für den Verzug subjektiv (schuldhaft) verantwortlich, treffen diesen zusätzlich zu den Rechtsfolgen des objektiven Schuldnerverzuges noch Schadenersatzpflichten. Auch beim subjektiven Schuldnerverzug hat der Gläubiger ein Wahlrecht: Wenn er nach wie vor an der Erfüllung des Vertrages interessiert ist, hat ihm der Schuldner den Verspätungsschaden zu ersetzen. Der Schuldner muss jenen Nachteil ausgleichen, der dem Gläubiger dadurch entstanden ist, dass die geschuldete Leistung nicht rechtzeitig und ordnungsgemäß erbracht wurde.
288
Wählt der Gläubiger hingegen den Rücktritt vom Vertrag, hat er Anspruch auf den Nichterfüllungsschaden. Der Schuldner hat dem Gläubiger den Nachteil, der ihm aus der Nichterfüllung des Vertrages entstanden ist, zur Gänze zu ersetzen.
289
Ist die Erfüllung zu einer bestimmten Zeit oder binnen einer bestimmten Frist bei sonstigem Rücktritt ausdrücklich bedungen oder ergibt sich aus der Natur des Geschäftes, dass der Gläubiger an einer nachträglichen Erfüllung kein Interesse hat, handelt es sich um ein Fixgeschäft (§ 919 ABGB). Hält der Schuldner in einem derartigen Fall den vereinbarten Termin nicht ein, gilt der Vertrag auch ohne Setzung einer Nachfrist und ohne Erklärung eines Rücktrittes grundsätzlich als erloschen. Bei schuldhafter Nichteinhaltung des Termins hat der Schuldner dem Gläubiger Schadenersatz zu leisten. Hat der Gläubiger trotz Nichteinhaltung des Termins den Wunsch an der verspäteten Erbringung der Leistung und damit an der Aufrechterhaltung des Vertrages, hat er dies dem Schuldner unverzüglich mitzuteilen. Dieses nachträgliche Erfüllungsbegehren kann in jenen Fällen von Bedeutung sein, in denen es sich um ein relatives Fixgeschäft handelt, dh, dass die Erfüllung grundsätzlich noch möglich ist (zB kann die für den Geburtstag bestellte Geburtstagstorte auch noch am nächsten Tag gegessen werden). Hingegen ist der Vertrag bei einem absoluten Fixgeschäft als jedenfalls erloschen anzusehen (zB wenn der für die Taufe des Kindes bestellte Fotograf nicht erscheint).
290
Bei Teilverzug ist entscheidend, ob die geschuldete Leistung unter Berücksichtigung der Interessen des Gläubigers geteilt werden kann. Sofern die geschuldete Leistung idS teilbar ist, kann der Rücktritt vom Vertrag nur hinsichtlich des noch nicht geleisteten Teiles erklärt werden (Teilrücktritt), ansonsten kann vom gesamten Vertrag zurückgetreten werden (Gesamtrücktritt).
291
Besonderes gilt für Verträge, die von beiden Teilen in Teilleistungen zu erfüllen sind. Dabei hat der Gläubiger das Wahlrecht, ob er nicht nur hinsichtlich der versäumten Teilleistungen, sondern auch bezüglich aller weiteren, noch ausstehenden und noch gar nicht fälligen Teilleistungen vom Vertrag zurücktreten möchte (vgl § 918 Abs 2 ABGB).
292
Nimmt der Gläubiger die vom Schuldner vertragsgemäß angebotene Leistung nicht an, liegt ein Gläubigerverzug (Annahmeverzug) vor.
Im Gegensatz zum Schuldner, der durch eine grundsätzliche Leistungserbringungspflicht gebunden ist, besteht für den Gläubiger grundsätzlich keine Verpflichtung, die Leistung anzunehmen. Etwas anderes gilt freilich dann, wenn (ausnahmsweise) eine Annahmepflicht des Gläubigers vereinbart sein sollte; in einem derartigen Fall gelten für einen allfälligen Gläubigerverzug die Regelungen des Schuldnerverzuges.
293
Ansonsten gilt für den Fall, dass der Gläubiger mit der Leistungsannahme in Verzug gerät, dass ihn gem § 1419 ABGB die Preisgefahr trifft. Das bedeutet, dass der Gläubiger seine Gegenleistung
auch dann zu erbringen hat, wenn die Leistung der geschuldeten Sache durch zufälligen Untergang unmöglich geworden ist (s dazu Rz 279). Darüber hinaus wird die Sorgfaltspflicht des Schuldners herabgesetzt. Dieser haftet regelmäßig nur mehr für vorsätzliche und grob fahrlässige Beschädigung oder Zerstörung der geschuldeten Leistung, nicht jedoch für leichte Fahrlässigkeit.
294
In bestimmten Fällen besteht überdies die Möglichkeit, dass der Schuldner bei Annahmeverzug des Gläubigers den geschuldeten Leistungsgegenstand unter gerichtlicher Mitwirkung bzw bei Gericht hinterlegen kann (§ 1425 ABGB; s dazu Rz 359).
295
Durch § 922 Abs 1 ABGB ist geregelt, dass derjenige, der einem anderen eine Sache gegen Entgelt überlässt, dafür Gewähr zu leisten hat, dass die Sache dem Vertrag entspricht. Der Übergeber hat demnach dafür einzustehen, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften aufweist bzw dass sie seiner Beschreibung, einer Probe oder einem Muster entspricht und dass die Sache der Natur des Geschäftes oder der getroffenen Vereinbarung gemäß verwendet werden kann.
296
Die Frage, ob die Sache dem Vertrag entspricht, ist insbes danach zu beurteilen, was der Übernehmer (Gläubiger) auf Grund der über die Sache gemachten öffentlichen Äußerungen des Übergebers oder auch des Herstellers (zB in der Werbung) erwarten kann. Das gilt auch für öffentliche Äußerungen einer Person, welche die Sache in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt hat oder die sich durch die Anbringung ihres Namens, ihrer Marke oder eines anderen Kennzeichens an der Sache als Hersteller bezeichnet. Derartige öffentliche Äußerungen binden den Übergeber jedoch dann nicht, wenn er sie weder kannte noch kennen konnte, weiters, wenn sie beim Abschluss des Vertrages berichtigt worden sind oder wenn sie den Vertragsabschluss nicht beeinflussen konnten (§ 922 Abs 2 ABGB).
297
Von der Gewährleistung sind die Fälle des bereits oben dargestellten Verzugs zu unterscheiden. Sofern entweder eine erkennbar mangelhafte Leistung angeboten wird oder überhaupt etwas anderes geliefert wird (Aliudleistung) und der Gläubiger daher die Annahme der Leistung verweigert, liegt Verzug vor. Sofern die geschuldete Leistung hingegen zumindest äußerlich dem vertraglich vereinbarten Leistungsgegenstand entspricht und daher vom Gläubiger entgegen genommen wird, kommen die Regeln des Gewährleistungsrechts zur Anwendung.
298
Weicht eine gelieferte Sache von den vertraglich vereinbarten oder den gewöhnlich aus der Natur und dem Zweck des Geschäftes voraussetzbaren Eigenschaften ab, liegt ein Sachmangel vor (zB Veräußerung eines Kfz mit einem Motorschaden).
299
Sofern der Gläubiger nicht die ihm zugesagte Rechtsposition über den Leistungsgegenstand erlangt, liegt ein Rechtsmangel vor (zB Veräußerung einer mit einer nicht aus dem Grundbuch ersichtlichen Dienstbarkeit belasteten Liegenschaft). Die Unterscheidung zwischen Sach- und Rechtsmangel ist im Hinblick auf den Beginn der Gewährleistungsfristen (s dazu Rz 306 ff) von Bedeutung.
300
Kann ein Mangel entweder gar nicht oder nur durch unwirtschaftlichen Ressourceneinsatz beseitigt werden, handelt es sich um einen unbehebbaren Mangel. Ein beheb barer Mangel ist hingegen mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln zu beseitigen.
301
Der Übernehmer kann wegen eines Mangels die Verbesserung (Nachbesserung bzw Nachtrag des Fehlenden), den Austausch der Sache, eine angemessene Minderung des Entgelts (Preisminderung) oder die Aufhebung des Vertrags (Wandlung) einfordern (§ 932 Abs 1 ABGB).
302
Zunächst kann der Übernehmer nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Ob dies der Fall ist, richtet sich auch nach dem Wert der mangelfreien Sache, der Schwere des Mangels und den mit der anderen Abhilfe für den Unternehmer verbundenen Unannehmlichkeiten. Jedenfalls ist die Verbesserung bzw ein allfälliger Austausch in einer angemessenen Frist und mit möglichst geringen Unannehmlichkeiten für den Übernehmer zu bewirken; dabei sind die Art der Sache und der damit verfolgte Zweck zu berücksichtigen (§ 932 Abs 2 und 3 ABGB).
303
Sofern sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden sind, hat der Übernehmer das Recht auf Preisminderung. Wenn es sich dabei nicht bloß um einen geringfügigen Mangel handelt, hat der Übernehmer in diesen Fällen das Recht auf Wandlung, also auf Auflösung des Vertrages. Das Recht auf Preisminderung bzw gegebenenfalls das Recht auf Wandlung steht auch dann zu, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert bzw nicht in angemessener Frist vornimmt, diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind (§ 932 Abs 4 ABGB).
304
Sofern ein Unternehmer einem Verbraucher Gewähr geleistet hat, kann er bei seinem Vormann, wenn auch dieser ein Unternehmer ist, auch nach Ablauf der Fristen des § 933 ABGB (s dazu Rz 306) selbst Gewährleistung geltend machen. Dasselbe gilt für frühere Übergeber im Verhältnis zu ihren Vormännern, wenn sie selbst wegen der Gewährleistungsrechte des letzten Käufers ihrem Nachmann Gewähr geleistet haben. Der jeweilige Anspruch ist mit der Höhe des eigenen Aufwandes beschränkt (§ 933b Abs 1 ABGB). Derartige Ansprüche sind innerhalb von zwei Monaten ab Erfüllung der eigenen Gewährleistungspflicht gerichtlich geltend zu machen; die Haftung eines Rückgriffspflichtigen verjährt jedenfalls innerhalb von fünf Jahren nach Erbringung seiner Leistung (§ 933b Abs 2 ABGB).
305
Ist ein Unternehmer gegenüber einem Verbraucher (s dazu Rz 209 f) zur Verbesserung oder zum Austausch einer mangelhaften Sache gem § 932 ABGB verpflichtet, hat er diese Pflicht grundsätzlich an dem Ort zu erfüllen, an dem die Sache dem Verbraucher übergeben worden ist Der Verbraucher kann aber auch verlangen, dass die Sache an dem Ort verbessert oder ausgetauscht wird, an dem sie gewöhnlich befindet, sofern dieser Ort im Inland gelegen ist und dieser für den Unternehmer insbes nicht überraschend sein musste (§ 8 Abs 1 KSchG).
Der Unternehmer kann allerdings auch verlangen, dass ihm der Verbraucher, sofern es für diesen tunlich ist, die Sache übersendet; in diesem Fall hat der Unternehmer die Gefahr der Übersendung zu tragen (§ 8 Abs 2 KSchG). Die notwendigen Kosten der Verbesserung oder des Austausches, insbes Versand-, Arbeits- und Materialkosten, hat der Unternehmer zu tragen (§ 8 Abs 3 KSchG).
dd Gewährleistungsfristen
306
Gem § 933 Abs 1 Satz 1 ABGB muss das Recht auf Gewährleistung bei unbeweglichen Sachen innerhalb einer Frist von drei Jahren und bei beweglichen Sachen innerhalb einer Frist von zwei Jahren gerichtlich geltend gemacht werden. Zu beachten ist dabei, dass etwa auch Mängel, die bei der Bearbeitung von unbeweglichen Sachen entstehen (zB Einbau eines neuen Kamins), unter die Dreijahresfrist fallen. Bei Viehmängeln beträgt die Gewährleistungsfrist lediglich sechs Wochen (§ 933 Abs 2 ABGB).
307
Zwar ist von Gesetzes wegen eine gerichtliche Geltendmachung innerhalb der erwähnten Fristen vorzunehmen, doch kommt auch der (außergerichtlichen) Anzeige des Mangels Bedeutung zu; diese be- wirkt nämlich gem § 933 Abs 3 ABGB, dass der Übernehmer dem Übergeber die Mangelhaftigkeit im Zuge einer Kaufpreiszahlungsklage entgegenhalten kann.
308
Die Frist beginnt grundsätzlich mit dem Tag der Ablieferung der Sache zu laufen. Bei Rechtsmängeln beginnt die Gewährleistungs- frist jedoch erst mit dem Tag, an dem der Mangel dem Übernehmer bekannt geworden ist (§ 933 Abs 1 Satz 2 ABGB).
309
Eine Verlängerung oder Verkürzung der Gewährleistungsfrist durch die Vertragspartner ist grundsätzlich möglich (§ 933 Abs 1 Satz 3 ABGB). Dies gilt bezüglich der Verkürzung jedoch nicht bei Verbrauchergeschäften (s dazu Rz 209 f); hier kann lediglich bei der Veräußerung gebrauchter beweglicher Sachen die Gewährleistungsfrist auf ein Jahr herabgesetzt werden, sofern dies im Einzelnen ausgehandelt wird. Bei Kraftfahrzeugen ist eine solche Verkürzung überdies nur dann wirksam, wenn seit dem Tag der ersten Zulassung mehr als ein Jahr verstrichen ist (§ 9 Abs 1 KSchG).
310
In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass beim Kauf einer Sache auf Raten durch einen Verbraucher (Abzahlungsgeschäft) der Erwerber bis zur Fälligkeit der letzten Rate die Möglichkeit hat, Gewährleistungsrechte geltend zu machen (§ 23 KSchG; s dazu auch Rz 419).
311
Zu beachten gilt, dass der Übergeber gem § 924 ABGB nur für jene Mängel Gewähr zu leisten hat, die bereits im Zeitpunkt der Übergabe vorhanden sind. Sofern der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe hervorkommt, wird allerdings bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Mangel im Zeitpunkt der Übergabe bereits vorhanden war (Vermutung der Mangelhaftigkeit). Diese Vermutung tritt jedoch nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist.
312
Sofern ein Mangel vorliegt, der bei Vertragsabschluss augenfällig war, hat der Übergeber nur dann für einen derartigen Mangel Gewähr zu leisten, wenn er ihn arglistig verschwiegen hat; dh, der Übernehmer hat bei einem offenkundigen Mangel regelmäßig das Gewährleistungsrisiko selbst zu tragen (§ 928 ABGB).
313
Werden Sachen in Pausch und Bogen erworben, nämlich so wie sie stehen und liegen (ohne Zahl, Maß und Gewicht) übergeben, ist der Übergeber grundsätzlich für die daran bestehenden Fehler nicht verantwortlich (§ 930 ABGB).
314
Zwar handelt es sich bei den Gewährleistungsregeln grundsätzlich um dispositives (abänderbares) Recht, doch gilt dabei zu beachten, dass insbes der gänzliche Ausschluss des Gewährleistungsrechts beim Erwerb fabriksneuer Waren von der Rechtsprechung als sittenwidrig iSv § 879 ABGB angesehen wird.
315
Besonderes gilt wiederum für Verbrauchergeschäfte (s dazu Rz 209 f): Durch § 9 Abs 1 KSchG ist festgelegt, dass die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers vor der Kenntnis des Mangels weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden können. Überdies ist durch § 9a KSchG sichergestellt, dass dann, wenn der Unternehmer nach dem Vertrag zur Montage verpflichtet ist, er auch für einen dabei durch sein unsachgemäßes Verhalten an der Sache verursachten Mangel zu haften hat. Dasselbe gilt auch dann, wenn die Sache zur Montage durch den Verbraucher bestimmt war und die unsachgemäße Montage auf einem Fehler in der Montageanleitung beruht.
316
Sofern der Schuldner schuldhaft Mängel an einer Sache verursacht, kann der Erwerber nicht nur (verschuldensunabhängige ) Gewährleistungsansprüche, sondern - bei Vorliegen der gesetzlich geforderten Voraussetzungen (s dazu Rz 488 ff) - auch Schadenersatzansprüche geltend machen. Dabei ist zwischen Mangel- und Mangelfolge- schaden zu unterscheiden:
317
Beim Mängelschaden haftet der schuldhafte Veräußerer bezüglich jenes Schadens, der durch den Mangel an der Sache selbst entstanden Ist. Bei Schäden dieser Art stehen Ansprüche aus dem Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes grundsätzlich in Konkurrenz zueinander.
318
In § 933a Abs 1 ABGB ist dementsprechend normiert, dass der Übernehmer auch Schadenersatz fordern kann, wenn der Übergeber den Mangel verschuldet hat. Allerdings kann der Übernehmer wegen des Mangels selbst auch als Schadenersatz zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch verlangen. Er kann jedoch Geldersatz verlangen, wenn sowohl die Verbesserung als auch der Aus- tausch unmöglich sind oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wären. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, weiters, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind (§ 933a Abs 2 ABGB).
319
Schäden, die der Erwerber einer mangelhaften Sache an anderen Rechtsobjekten erleidet (Mangelfolgeschäden), können bei Ver- schulden des Veräußerers ebenfalls vom Erwerber aus dem Titel des Schadenersatzes geltend gemacht werden. Erwirbt zB ein Gärtner für seinen Rasenmäher minderwertiges Benzin, muss dieser Mangel vom Veräußerer aus dem Titel der Gewährleistung behoben werden. Für den auf Grund des minderwertigen Treibstoffes entstandenen Schaden am Motor des Rasenmähers hat der Veräußerer dann aufzukommen, wenn er die Mangelhaftigkeit des Treibstoffes schuldhaft nicht erkannt hat.
320
Zu beachten ist, dass nach Ablauf von zehn Jahren seit der Übergabe der Sache der Beweis des Verschuldens des Übergebers in den Fällen der Geltendmachung von Mangel- bzw von Mangelfolgeschäden dem Übernehmer obliegt (§ 933a Abs 3 ABGB); somit kommt es durch diese Bestimmung zu einer zeitlichen Beschränkung der Beweislastumkehr des § 1298 ABGB.
321
Von positiver Vertragsverletzung (Schlechterfüllung) wird dann gesprochen, wenn der Schuldner im Zuge der (mangelhaften oder mangelfreien ) Erbringung der vertraglich vereinbarten Hauptleistungspflicht( en) bestehende vertragliche Nebenpflichten (insbes Sorgfaltspflichten ) vernachlässigt und den Gläubiger dadurch schädigt (Beispiel: durch unsachgemäßes Hantieren des Elektrikers, der eine kaputte Steckdose repariert, wird ein Schaden am Sicherungskasten verursacht).
322
Grundsätzlich hat der schädigende Schuldner für die positiven Vertragsverletzungen Schadenersatz zu leisten. Voraussetzung für eine Leistung aus dem Titel des Schadenersatzes ist dabei regelmäßig, dass der Schaden durch den Schädiger schuldhaft verursacht wurde (s dazu Rz 497 ff).
323
Sofern es im Zuge der Erfüllung von Dauerschuldverhältnissen zu positiven Vertragsverletzungen kommt, kann dies einen wichtigen Grund zur vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses bilden.
324
Häufig erhält der Erwerber einer noch fabriksneuen Sache vom Veräußerer oder Hersteller eine Garantiezusage in Form eines Garantiescheines. Stammt die Garantiezusage vom Veräußerer (Händler), führt diese in der Praxis regelmäßig lediglich zu einer Modifizierung der gesetzlichen Gewährleistungsbestimmungen. So werden etwa häufig die Gewährleistungsfristen verlängert oder die Haftungen für alle Arten von auftretenden Mängeln übernommen.
325
Übernimmt hingegen der Hersteller eine Garantieverpflichtung, besteht diese selbständig neben den gesetzlichen Gewährleistungspflichten des Veräußerers.
326
Besonderes gilt gem § 9b KSchG für vertragliche Garantien, die von Unternehmern gegenüber Verbrauchern (s dazu Rz 209 f) erklärt werden: Zunächst ist der Garantiegeber dazu verpflichtet, auf die bestehende gesetzliche Gewährleistungspflicht des Übergebers hinzuweisen. Weiters muss die Garantieerklärung den Namen und die Anschrift des Garanten sowie den Inhalt, die Dauer, die räumliche Geltung und die sonstigen, für die Inanspruchnahme der Garantie nötigen Angaben in einfacher und verständlicher Form enthalten. Sofern aus der Erklärung des Garanten die garantierten Eigenschaften nicht hervorgehen, haftet der Garant dafür, dass die Sache die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat (§ 9b Abs 2 KSchG). Verstößt der Garant gegen eine dieser Bestimmungen, so haftet er für den dadurch verschuldeten Schaden; die Gültigkeit der Garantie ist durch einen derartigen Verstoß jedenfalls nicht berührt (§ 9b Abs 4 KSchG).
Das Unternehmen gehört dem Unternehmer allein!
Haftung: - unbeschränkt
Vorteile: - kann über Gewinn alleine verfügen
- absolute Handlungsfreiheit
Nachteile: - Kapitalaufbringung
- trägt Risiko alleine, unbeschränkte Haftung
Gesetzliche Regelung: ABGB = Allgemein bürgerliches Gesetzbuch
Keine Eintragung im Handelsregister = keine Firma
Haftung: - jeder Gesellschafter unbeschränkt (auch mit Privatvermögen)
Bsp.: - Arbeitsgemeinschaft ( ARGE) im Baugewerbe, mehrere Bauunternehmen schließen sich für ein Projekt zusammen.
-
Zusammenschluss von Freiberuflern
(Rechtsanwaltskanzleigesellschaft)
GesbR verliert aufgrund der 1991 geschaffene Erwerbsgesellschaft an Bedeutung!
- OHG
- KG
- GmbH & Co KG
Zusammenschluss von 2 oder mehreren Personen
Haftung: - unbeschränkt = auch mit Privatvermögen
- solidarisch = einer für alle, alle für einen
- direkt = ein Gläubiger kann sich sofort an irgendeinen Gesellschafter wenden
Die Gesellschafter haben gleiche Rechte und Pflichten bezüglich:
- der Geschäftsführung - der Mitarbeit
- des Gewinnanteiles - der Haftung
- AG
- GmbH
Im Gegensatz zu den Personengesellschaften sind Kapitalgesellschaften juristische Personen, d.h. sie haben eigene Rechtspersönlichkeit.
Die Eigentümer (Gesellschafter) müssen nur das Kapital aufbringen, die Geschäftsführung erfolgt durch eigene Organe .
die Gesellschafter nennt man Aktionäre
die Summe aller Aktien ergibt das Grundkapital
Grundkapital beträgt mindestens € 70.000,--
Rechte der Aktionäre:
Stimmrecht in der Hauptversammlung
Recht auf Dividende (= Gewinnanteil)
Vorrechte falls neue Aktien ausgegeben werden
Organe der AG:
Vorstand: wird vom Aufsichtsrat bestellt und ist das geschäftsführende Organ.
Aufsichtsrat: wird von der Hauptversammlung gewählt (3 bis 20 Mitglieder)
prüft Jahresabschluss
bestellt Vorstand
überwacht Vorstand
Hauptversammlung = Versammlung der Aktionäre, findet mindestens 1 x jährlich statt, 1 Aktie = 1 Stimme
Die Gesellschafter beteiligen sich mit einer Einlage am Stammkapital, das Grundkapital beträgt mindestens € 35.000,--
Haftung: beschränkt auf die Einlage
Organe der GmbH:
Geschäftsführer: kann aus einer oder mehreren Personen bestehen, wird durch Generalversammlung bestellt.
Aufsichtsrat: kontrolliert den Geschäftsführer, wird durch die Generalversammlung bestellt.
Generalversammlung = alle Gesellschafter, sie tritt 1 x jährlich zusammen, das Stimmrecht richtet sich nach dem Anteil des Stammkapitals.
Aufgaben:
Verteilung der Gewinne
bestellt Geschäftsführer und Aufsichtsrat
prüft Jahresabschluss
Schuldenverhältnisse können durch Verträge oder durch "Erfüllung
gesetzlicher Tatbestände" wie z.B: durch
Schadensersatzrecht, Bereicherungsrecht, Recht der Geschäftsführung ohne
Auftrag.
Schaden Trifft denjenigen, "in dessen Person oder Vermögen sich
der Schaden ereignet hat". Dieser Grundsatz gilt nicht wenn eine
Drittperson schadenersatzpflichtig wird.
Das Schadenersatzrecht dient als Ausgleichsfunktion
für den erlittenen Schaden und ist auf den Wert des entstandenen Schadens
begrenzt. Durch die Ausgleichsandrohung besitzt das Schadenersatzrecht auch
eine Präventivfunktion.
Bei einem erfolglosen Versuch schaden
anzurichten gilt: Ohne entstanden Schaden kann auch kein Schadenersatzrecht
geltend gemacht werden.
Ein realer Schaden bildet einen Nachteil für das
Rechtssubjekt("Geschädigten"). Der Schädiger wird zur
Wiederherstellung des früheren Zustands angehalten wenn es sinnvoll ist.
Bsp: Der Schadensverursacher zerstört ein Vogelhaus und muss es dann ersetzen oder reparieren.
Der Vermögensschaden ist ein Nachteil an einer in einem Geldwert
definierten "Sache". Der Vermögensschaden wird eingeteilt in den
"positiven Schaden" und den "entgangenen Gewinn".
Ist auf Objekte, Gegenstände bezogen die bereits existieren(Auto,
Fernseher, Wohnung,...).
Bsp: PKW erleidet einen Totalschaden durch auffahren oder sonstiges so kann der Geschädigte den Geldwert des PKW's vor dem Schaden geltend machen.
Ein entgangener Gewinn wird zusätzlich zum "positiven
Schaden" ersetzt wenn der Schädiger vorsätzlich oder grob fahrlässig
gehandelt hat.
Bsp: Wird ein Lieferwagen der für die Arbeitsausführung benötigt wird kann man eine Entschädigung über den Wagenwert + dem durch die nicht möglichen Auslieferungen entstandenen Verlust geltend gemacht werden.
Unter Ideelle Schäden versteht man Schäden die nicht mit Geld zu
bemessen sind, bei denen es sich um keine Verminderung des Vermögenswertes
Handelt.
Bsp: Schadensersatz für physische Qualen, Kränkungen, Schmerzen. Daher der Begriff "Schmerzensgeld"(gilt auch bei entgangener Urlaubsfreude).
Wäre der Schaden auch eingetreten, wenn die einschlägige Handlung
unterblieben wäre?
Wäre der Schaden bei pflichtgemäßer Handlung unterblieben?
„Reichweite“ der Kausalitätskette
kumulative
Kausalität: Mehrheit
von ineinander greifenden Ursachen, die erst durch ihr Zusammenwirken den
Erfolg bewirken.
überholende
Kausalität: Bedeutet:
dass ein später vorgenommenes
Tun ein früher vorgenommenes überholt und unabhängig von jenem den Erfolg herbeiführt.
Überholende Kausalität Bsp aus dem netz^^: Wenn A dem B eine bombe ins auto
pflanzt, die beim starten des motors explodiert, der
C aber den B mit einem messer ersticht bevor er den
Motor startet. beide haben vorsatz B zu töten.
Für diese Art der Haftung müssen folgende vier Fälle eintreten und
beweisbar sein:
-Eintritt eines Schadens
-Verursachung durch den Schädiger
-Rechtswidrigkeit der schädigenden Handlung
-Verschulden des Schädigers
Beweis der Schuld durch den Geschädigten oder Beweis der Unschuld
durch den Schädiger.
Bei einer vertraglichen Beziehung zwischen den beiden Personen handelt
es sich um eine "Vertragshaftung" andernfalls um eine
"deliktische Haftung".
Verursachungs- und Kausalitätsprinzip: Schadensersatz kann nur gegenüber des Schädigers geltend gemacht werden.
Zu prüfen ist auch ob der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn der Schädiger jene Handlung die maßgeblich war für das Ereignis war unterlassen hätte oder ob der Schaden ausgeblieben wäre wenn er sich pflichtbewusst verhalten hätte.
Man sieht das auch das Unterlassen einer Handlung zu einer Schadenersatzpflicht führen kann.
Ist der Schaden nicht unmittelbar einer Person sondern einer ganzen Gruppe zuzuordnen, so haften alle an der Schädigung beteiligten Personen. Derjenige der den Schaden ersetzt hat kann von den anderen Schädigern anteilig Rückersatz fordern. So lange die Schadensbeteiligung nicht bestimmt werden kann, haften alle mit dem selben Geldanteil.
Schadenersatzpflichtig wird nur derjenige der Rechtswidrig gehandelt hat. z.B: Gebote/Verbote, Persönlichkeitsrecht, Verkehrssicherungsrecht(Baustellenabsicherung), Sitten und Verträge
Hat jemand rechtswidrig gehandelt, dessen Handlung aber auch bei rechtsmäßiger Handlung keinen keine Auswirkung auf den entstandenen Schaden so tritt eine Haftung des Schädigers grundsätzlich nicht ein. Das bezeichnet man als "rechtsmäßiges Alternativverhalten".
Bei "Notwehr" gilt das man den Angreifer im angemessenem Verhältnis entgegensteuern kann ohne schadenersatzpflichtig zu werden.
Der Tatbestand des "Notstandes" ist erfüllt wenn jemand in einer Notsituation einen Schaden verursacht, daraufhin kann der Richter eine teilweise oder vollständige Aufhebung des Schadenersatzes anordnen.
Hätte der Schädiger aufgrund seiner Anlagen, Fertigkeiten, Ausbildung,.. den Schaden vermeiden können liegt ein verschulden vor. Die stärkste Form des Verschuldens ist die des "Vorsatzes", in diesem Fall handelt der Schädiger bewusst rechtswidrig und sieht das schädigende Ereignis voraus.
z.B: Zerkratzen einer Autotür ist vorsätzlich!
Liegt jedoch eine gewisse Sorglosigkeit vor so spricht man von "Fahrlässigkeit", hier wiederum von "grober" und "leichter".
Bei einem geringen versehen eines Dienstnehmers spricht man von "entschuldbarer Fehlleistung" ohne jegliche Schadenspflicht.
Trifft den
Geschädigten ein mitverschulden so ist eine Schadensteilung vorgesehen nach dem
Ausmaß des Verschuldens.
Bedient sich ein Geschäftsherr zu Erfüllung bestehender Leistungen einer Hilfsperson(z.B. Lehrling) so ist diese Hilfsperson als "Erfüllungsgehilfe" zu bezeichnen. Verursacht der "Erfüllungsgehilfe" einen Schaden so ist der Geschäftsherr haftbar als hätte er selbst den Schaden verursacht.
Schädigt eine Hilfsperson einen Dritten, mit dem der Geschäftsherr keine zu erfüllende Leistung(Schuldenverhältnis) verbindet, so wird diese Person als "Besorgungsgehilfe" tätig. Eine Haftung für den Geschäftsherren tritt dann nur ein wenn er sich einer wissentlich gefährlichen oder untüchtigen Person als Gehilfe bedient hätte.
Ein Weghalter der für den ordnungsgemäßen Zustand eines Weges verantwortlich ist gilt, dass egal ob eine vertragliche Beziehung zwischen Ihm und den Geschädigten besteht, er zumindest für das Verhalten seiner "Leute" verantwortlich ist.
Siehe Seite 141 RZ 505
Es bewirkt das nicht das Organ unmittelbar zur Haftung herangezogen wird, sondern der Rechtsträger der für das Verhalten einzustehen hat.
Fügt ein Organ in Vollziehung der Gesetze einem Rechtsträger(Person) schaden zu so kommt die Bestimmung des Organhaftpflichtgesetzes zur Anwendung.
Schadensersatzansprüche müssen binnen 3 Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger geltend gemacht werden. Absolute Frist sind 30 Jahre ab Schadenseintritt, danach ist der Schadenersatzanspruch auf jeden Fall verjährt.
Bei der Gefährdungshaftung geht der Gesetzgeber davon aus das es im
Alltag gewisse Tätigkeiten gibt die Gefahren in sich bergen bzw. die Benützung
bestimmter Gefährlicher Sachen(z.B. Seilbahnen, Lifte, Eisenbahn).
Weder Rechtswidriges noch Schuldhaftes Verhalten bietet in diesem Fall
eine Voraussetzung für Schadenersatzpflicht.
Auflistung: Eisenbahn- Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG)
Seilbahngesetz (SeilbG)
Luftfahrtgesetz (LFG)
Atomhaftpflichtgesetz (AtomHG)
Ein Teilbereich des Gefährdungshaftungsgesetz ist das "Produkthaftungsgesetz", dies macht
Hersteller, Importeure und Händler(unter der Voraussetzung das wenn er nicht in
einer Frist den Hersteller oder Importeur benennt) für fehlerhafte
Produkte(welche die Gesundheit schädigen) haftbar. Produkt = Sachen/Dinge aber auch Energie
Ersatzberechtigte sind jene außenstehende Dritte
die von einem Produkt in Mitleidenschaft gezogen worden sind.
Ob ein Produkt als fehlerhaft eingestuft wird hängt von
"berechtigten Sicherheitserwartung" ab. Als Fehler gelten: Fehler
aufgrund von Konstruktionsmangel, unzureichender Bedienungsanleitung,
Wirkungslosigkeit des Produkts.
Keine Haftung für "Schäden
am Produkt", hier gibt es eine andere Regelung (Gewährleistungsrecht).
Als Fehler gilt nicht wenn der eingetretene Fehler aufgrund der "Einhaltung von Rechtsvorschriften"
oder nach dem "Stand von Wissen und Technik" nicht als Fehler klassifiziert
werden kann.
Im Schadensfall wurde ein "Selbstbehalt"
von 500 € normiert. Liegt ein Schaden vor ist nur der Teil über dem
Selbstbehalt vom Schädiger zu ersetzen.
Der Halter des Tieres ist für alle Schäden die das Tier verursacht
verantwortlich sofern er nicht beweisen kann das er alle Verwahr und
Beaufsichtigungspflichten eingehalten hat.
Im Zusammenhang mit der Gefährlichkeit von Bauwerken.
Es ist zwar ein regelmäßiger Eingriff in eine fremde Rechtssphäre erlaubt, jedoch kann unter gewissen Umständen ein Schadensersatzpflicht eintreten.
z.B. Auf seinem Grundstück muss man mit den behördlich genehmigten Immissionen leben (z.B. Lärm, Verkehr, Geruch,...), jedoch tritt durch diese ein Schaden auf ist dieser unabhängig von einer schuldhaften Handlung oder einem gefährlichen Sachverhalt zu ersetzen.